Lennart Geffken
Marc H. Kotyrba
Marc Scheunemann
Entwicklung der Rechtsprechung zur Auslegung des DBA Deutschland – Schweiz im Jahr 2014
Der folgende Beitrag stellt die Rechtsprechung der deutschen und schweizerischen Finanzgerichte aus dem Jahr 2014 bezüglich der Anwendung und Auslegung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (im Folgenden: DBA) dar. Der Beitrag ist die Fortsetzung zu in den Vorjahren erschienenen Überblicken über die Entwicklung der Rechtsprechung zur Auslegung des DBA Deutschland/Schweiz.
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Entscheidungen zu grenzüberschreitenden Arbeitseinkommen
Einzelheiten zur Grenzgängerregelung und Auslegung von Art. 15 Abs. 4 DBA
Auch im Jahr 2014 beschäftigten sich die Finanzgerichte wiederholt mit der Frage der Besteuerung grenzüberschreitender Arbeitseinkommen. Das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 18. September 2014 (3 K 1837/14) ist dabei unter zweierlei Gesichtspunkten von Relevanz: Zum einen hatte das Gericht die Wirkungen einer Billigkeitsentscheidung zur Berechnung von Nichtrückkehrtagen nach dem Erlass der OFD Karlsruhe zu beurteilen. Zum anderen war die Bestimmung des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA bzw. der dort verwendete Begriff des «Direktors» auszulegen.
Grundsätzliche Einstufung als Grenzgänger
Der Kläger war im Streitjahr 2009 in der Geschäftsleitung einer Schweizer Aktiengesellschaft tätig und in Deutschland wohnhaft. Kläger und Finanzamt gingen einvernehmlich davon aus, dass der Kläger an mehr als 60 Tagen aufgrund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz nach Deutschland zurückgekehrt sei, weswegen er nicht als Grenzgänger eingeordnet wurde (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA).
Das Gericht kam nach eigener Berechnung zu dem Schluss, dass die 60-Tage-Grenze unterschritten worden sei. Dieser Berechnung liegt die Rechtsprechung des BFH (vgl. etwa Urteil I R 76/09 vom 17. November 2011) zugrunde: Nicht berücksichtigungsfähig sind demgemäss Tage, an denen der Kläger von einer (mehrtägigen) Dienstreise in Drittstaaten an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist. Gleiches gilt für Wochenend- und Feiertage, an denen sich der Kläger sich auf Dienstreisen befand. In der Berechnung des Gerichts als Nichtrückkehrtage enthalten sind dagegen Tage, an denen der Kläger zwar anlässlich einer Dienstreise nicht an seinem Wohnort, wohl aber in Deutschland übernachtete. Für diese Konstellation betont der Senat aber ausdrücklich, dass er (mangels Entscheidungserheblichkeit) noch offen lässt, ob er dieser Rechtsauffassung in einem Streitfall folgen würde.
Billigkeitsregelung als Grundlagenbescheid
Für die Beurteilung im Streitfall war diese Berechnung der tatsächlichen Nichtrückkehrtage nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht entscheidend. Vielmehr war zu berücksichtigen, dass das Finanzamt im Wege einer Billigkeitsentscheidung mehr als 60 Nichtrückkehrtage anerkannte. Dieser Billigkeitsregelung lag eine Anweisung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 3. Mai 2010 zugrunde, in der den Finanzbehörden aufgegeben wurde, die zitierte Rechtsprechung des BFH im Streitjahr dann nicht anzuwenden, wenn sie zu einer geringeren Anzahl von Nichtrückkehrtagen und zur Annahme der Grenzgängereigenschaft führen sollten. In diesen Fällen sei im Wege der Billigkeit zugunsten des Steuerpflichtigen von den Grundsätzen der Verständigungsvereinbarungen mit der Schweiz (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. September 1994, BStBl I 1994, 683 und vom 7. Juli 1997, BStBl I 1997, 723) und der entsprechenden Anerkennung als Nichtrückehrtag auszugehen.
Der Senat sah diese Billigkeitsentscheidung als bindend an. Sie sei Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung anzusehen und damit für diese verbindlich (§ 171 Abs. 10 Abgabenordnung). Im Streitfall war diese Billigkeitsmassnahme bestandskräftig und damit der inhaltlichen gerichtlichen Prüfung entzogen.
Abkommensautonome Anwendung des Art. 15a DBA
Nachdem der Kläger demnach nicht als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA eingeordnet wurde, stellte sich weiter die Frage, ob er der besonderen Abkommensregelung des Art. 15 Abs. 4 DBA für leitende Angestellte unterfällt. Diese Frage ist für die Einkünfte relevant, die auf die in Deutschland oder in Drittländern ausgeübten Tätigkeiten entfallen. Die in der Norm aufgezählten Personen der oberen Geschäftsführungsebene werden auch hinsichtlich dieser Tätigkeiten im Sitzstaat ihrer Kapitalgesellschaft besteuert, weil ein besonders enger Bezug ihrer Tätigkeit zum Sitz der Gesellschaft angenommen wird. Dabei erfasst Art. 15 Abs. 4 DBA nach seinem eindeutigen Wortlaut nur einen abgegrenzten Personenkreis mit aufgeführten Funktionsbezeichnung.
Der Kläger war mit der Unterschriftsberechtigung «Kollektivunterschrift zu zweien» ins zuständige Schweizer Handelsregister eingetragen. Eine weitere Funktionsbezeichnung wurde nicht zur Eintragung angemeldet. Nach Ansicht des erkennenden Senats war mit der Eintragung gleichwohl in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht worden, dass der Kläger die Tätigkeit eines «Direktors» ausübte. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat nach gründlicher Betrachtung der Handelsregisterpraxis. Demnach verzichte das massgebliche Handelsregisteramt auf Ebene des Direktors regelmässig auf die Eintragung dieser Funktionsbezeichnung. Auch die Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers in Abgrenzung zu anderen Tätigkeitsbeschreibungen spreche dafür, die Tätigkeit im Streitjahr als eine solche eines Direktors einzuordnen. Nach Erkenntnissen des Gerichts verfügte der Kläger auch inhaltlich über die nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche Vertretungsmacht und Leitungsmacht eines «leitenden Angestellten» im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA.
Keine Verbindlichkeit der Verständigungsvereinbarung vom 30. September 2008
Ohne Belang blieb für den Senat schliesslich die Verständigungsvereinbarung zur Art. 15 Abs. 4 DBA (Schreiben vom 30. September 2008, BStBl I 2008, 935), nach der die Norm aus Vereinfachungsgründen nur noch auf Personen anzuwenden sei, deren Funktion im Handelsregister eingetragen ist. Da der Wortlaut des DBA für diese Auslegung keinen Anhaltspunkt biete, überschreite die Vereinbarung die zulässige «Grenzmarke» für das richtige Abkommensverständnis und sei für das Gericht nicht bindend.
Berechnung von Nichtrückkehrtagen
Auch in zwei weiteren Entscheidungen (Urteil 3 K 1831/14 und 3 K 1832/14 vom 18. September 2014) befasste sich das FG Baden-Württemberg mit der Berechnung von Nichtrückkehrtagen im Sinne der Grenzgängerregelung, wobei in diesen der Sonderfall der Ableistung sog. unentgeltlicher Pikettdienste im Mittelpunkt stand. Beide Kläger waren in Deutschland ansässige Grenzgänger. In der Schweiz waren sie in einer Therapiestelle bzw. einem Heim für betreuungsbedürftige Schüler beschäftigt. Laut ihren Arbeitsverträgen waren sie verpflichtet, an festgelegten Tagen im Anschluss an den Arbeitstag Nachtdienste zu übernehmen. Während dieser Dienste schliefen sie in einem Nachtzimmer im Betrieb. Bei einem der Kläger kam es höchstens ein- bis zweimal dazu, dass er aus dienstlichen Gründen geweckt wurde, um den Jugendlichen in einem kurzen Gespräch Trost zuzusprechen. Weitere Beanspruchungen während der Nachtzeiten fielen nicht an.
In der im Streitjahr geltenden Verständigungsvereinbarung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. September 1994, BStBl. I 1994, 683 und vom 7. Juli 1997, BStBl I 1997, 723) hiess es u.a.: «Ein Nichtrückkehrtag ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil sich die Arbeitszeit des einzelnen an seinem Arbeitsort entweder bedingt durch die Anfangszeiten oder durch die Dauer der Arbeitszeit über mehr als einen Kalendertag erstreckt (...) Als Arbeitsausübung im Sinne der Tz. II. Nr. 1 des Verhandlungsprotokolls sind daher alle Zeiten anzusehen, für die aufgrund des Arbeitsverhältnisses eine Verpflichtung zur Anwesenheit am Arbeitsort besteht» (diese Passagen sind mittlerweile in § 8 der Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung vom 20. Dezember 2010 aufgenommen).
Nach Ansicht des FG Baden-Württemberg war der Nachtdienst der Kläger keine Arbeitsausübung im Sinne der Verständigungsvereinbarung. Es fehle zu den Zeiten des Schlafes schon an einer Tätigkeit an sich. In den Streitfällen sei von einem sog. «Schlaf des Gerechten» auszugehen, da es nur in seltenen Ausnahmefällen (höchstens ein- bis zweimal pro Streitjahr) überhaupt zu einer dienstbedingten Unterbrechung des Schlafes kam. Im Hinblick auf die zu vernachlässigende Beanspruchung sei es auch tatsächlich zu keiner Anrechnung auf die Arbeitszeit und nur zu einer geringen Entschädigung für die jeweiligen Nachtdienste gekommen. Dementsprechend sei der Dienst aus abkommensrechtlicher Sicht mit Beendigung des Tagdienstes abgeschlossen gewesen und die Übernachtung im Betrieb stelle eine beruflich bedingte Nichtrückkehr an den Wohnort dar. Folglich liege keine Mitternacht übergreifende Arbeitsausübung im Sinne der Verständigungsvereinbarung vor. Es handelt sich dabei um eine abkommensrechtliche Betrachtungsweise, sodass für das Gericht ohne Belang war, dass das Schweizer Arbeitsrecht Übernachtungen im Betrieb als Arbeitszeit einordne. Das gefundene Ergebnis, wonach das Steuerrecht dem Tätigkeitsstaat zusteht, rechtfertigt sich nach Ansicht des erkennenden Senates auch nach Sinn und Zweck des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA. Eine Nichtrückkehr an mehr als 60 Tagen dokumentiere nämlich eine solche «Verwurzelung» im Tätigkeitsstaat, welche dessen Besteuerungsrecht legitimiere. In den Streitfällen bestand die Besonderheit, dass kein Freizeitausgleich, sondern nur eine geringe Entschädigung gewährt wurde. Diese zusätzlich, d.h. über die normale Arbeitszeit hinaus, erbrachten Nachtdienste sprächen gerade, so das Gericht, für eine intensivere «Verwurzelung» im Tätigkeitsstaat.
Während das Urteil im Verfahren 3 K 1831/14 rechtskräftig ist, wurde im teilweisen Parallelverfahren 3 K 1832/14 eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (anhängig unter dem Az. BFH I B 27/15).
Analoge Anwendung des Härtefallausgleichs auf Grenzgänger
Mit Beschluss vom 27. November 2014 (I R 69/13) bestätigt der BFH die Anwendung der Härtefallausgleichsregelung in § 46 Abs. 3 und 5 Einkommensteuergesetz (im Folgenden: EStG) bei in der Schweiz beschäftigten Grenzgängern im Sinne des Art. 15a DBA.
Steuerfreiheit von Nebeneinkünften nach innerstaatlichem Steuerrecht
Hintergrund des Härtefallausgleichs ist die «Freigrenze» für Nebeneinkünfte in § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Nach dieser Norm ist keine steuerliche Veranlagung durchzuführen, wenn ein Steuerpflichtiger neben Arbeitslohn, bei dem die Steuer direkt vom Lohn abgezogen wird, keine weiteren die Grenze von 410 Euro übersteigenden steuerpflichtigen Einkünfte erzielt. Bis zu einem Betrag von 410 Euro bleiben Nebeneinkünfte in diesem Fällen also steuerfrei. Über § 46 Abs. 3 EStG gilt diese «Freigrenze» der Sache nach auch für die Veranlagungsfälle des § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG, was die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer bewirken soll.
Liegt die Höhe der Nebeneinkünfte knapp über dieser Freigrenze, so sieht § 46 Abs. 5 i.V.m. § 70 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung den sog. erweiterten Härtefallausgleich vor. Dieser Mechanismus gewährleistet, dass die bei einem geringfügigen Überschreiten der «Freigrenze» drohende sprunghafte Mehrbelastung des Arbeitnehmers in einer Übergangszone bis 820 Euro stufenweise abmildert wird.
Analoge Anwendung auf Grenzgänger mit Schweizerischem (Haupt-)Arbeitgeber
Der Kläger war im Streitjahr 2010 in Deutschland wohnhaft und bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigt und damit Grenzgänger gemäss Art. 15a DBA. Wäre er bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt gewesen, wäre ihm der Härtefallausgleich direkt zugute gekommen. Der BFH bestätigt in seiner Entscheidung die Ansicht des FG Baden-Württemberg in der Vorinstanz (3 K 2356/12 vom 18. April 2013) und wendet den Härtefallausgleich aus gleichheitsrechtlichen Gründen analog auf den Kläger an. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, einem Grenzgänger den Härtefallausgleich zu versagen, der ihm ohne Weiteres zugestanden hätte, wenn er bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt gewesen wäre. Zwar erfolgt bei einem Schweizer Arbeitgeber kein Lohnsteuerabzug, sodass keine direkte Anwendung von § 46 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 EStG erfolgen kann. Da der Steuerpflichtige in diesen Fällen aber nach der Grundnorm des § 25 Abs. 1 EStG zu veranlagen ist, kann eine analoge Anwendung der Härtefallausgleichsregelungen in § 46 Abs. 3 und 5 EStG erfolgen. Auch seien die in der Schweiz bezogenen Arbeitseinkünfte entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung nicht als «nicht lohnversteuerte Nebeneinkünfte» im Sinne der § 46 Abs. 5 i.V.m. § 70 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung zu qualifizieren. Das Ziel der Gleichbehandlung erfordere vielmehr eine Betrachtung dieser Einkünfte als «lohnversteuerte Haupteinkünfte», weil auf diese Weise erreicht werde, dass einem Grenzgänger die Steuervergünstigungen zuteil kommen, die er bei einem deutschen Arbeitgeber gewährt bekommen hätte.
Grenzüberschreitende Versorgungsbezüge
Besteuerung eines Vorbezugs aus einer schweizerischen öffentlich-rechtlichen Pensionskasse
Das Verfahren I R 83/11, das der BFH mit einem Zwischenurteil am 20. August 2014 zum Teil abgeschlossen hat, behandelt die Besteuerung eines Vorbezugs für Wohneigentum aus der Versicherungskasse für das Staatspersonal des Kantons St. Gallen.
Die Kläger sind in Deutschland ansässige Steuerpflichtige, die im Streitjahr im Kanton St. Gallen als öffentlich-rechtliche Angestellte arbeiteten. Damit waren sie Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA und unterlagen dem deutschen Besteuerungsrecht. Der Kläger war Mitglied der Versicherungskasse für das Staatspersonal. Diese Versicherungskasse dient der Sicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen des Alters, der Invalidität, des Todes und der unverschuldeten Nichtwiederwahl. Im Rahmen des Berufliche-Vorsorge-Gesetzes (im Folgenden: BVG) unterscheidet man dabei zwischen dem Obligatorium und dem Überobligatorium. Die nach dem Gesetz vorgesehen Mindestleistungen werden als BVG-Mindestleistungen und das entsprechende Versicherungssystem als BVG-Obligatorium bezeichnet. Sind die Leistungen der jeweiligen Versorgungskassen höher als die BVG-Mindestleistungen, spricht man vom Überobligatorium.
Die Versicherungskasse gewährte den Klägern auf entsprechende Anträge einen Kapitalbezug zur Wohneigentumsförderung (sog. Vorbezug für Wohneigentum), wobei die Leistungen teils aus dem Obligatorium, teils aus dem Überobligatorium geleistet wurden. Streitig war die steuerliche Behandlung dieses Vorbezugs. Seine Entscheidung stützt der Senat auf das Urteil des X. Senats vom 23. Oktober 2013 (BFH X R 33/10). Demnach sei eine Austrittsleistung einer schweizerischen öffentlich-rechtlichen Pensionskasse mit dem in diesem enthaltenen Besteuerungsanteil gemäss § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a.aa EStG als «andere Leistung» steuerpflichtig und nicht nach § 3 Nr. 3 EStG steuerfrei. Das Besteuerungsrecht stehe damit der Bundesrepublik gemäss Art. 21 DBA als Ansässigkeitsstaat zu. Da die Versorgungsleistungen auch auf Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhen, unter- fielen sie nämlich weder dem Kassenstaatsprinzip gemäss Art. 19 Abs. 1 DBA, noch seien sie abkommensrechtlich als Ruhegehalt gemäss Art. 18 DBA anzusehen.
Keine unterschiedliche Behandlung zwischen Leistungen aus Obligatorium und Überobligatorium
Von den Klägern war aufgeworfen worden, zwischen Leistungen aus dem Obligatorium und denen aus dem Überobligatorium zu differenzieren. Eine solche einkommensteuerliche Differenzierung wird nach Ansicht des Gerichts von den tatrichterlichen Feststellungen des FG nicht getragen. Da es sich hierbei um Rechtsfragen zu ausländischem Recht handelt, besteht verfahrensrechtlich diesbezüglich eine Bindung. In abkommensrechtlicher Hinsicht war der Senat auch an die Beurteilung der Vorinstanz gebunden, wonach dem Vorbezug zur Wohnraumförderung, sowohl was das Obligatorium als auch das Überobligatorium anbelangt, Versorgungscharakter zukomme. Der I. Senat stellt zudem darauf ab, dass die Leistungen teilweise wirtschaftlich durch die auf gesetzlicher Grundlage erfolgten Beitragszahlungen an die Versicherungskasse vom Kläger veranlasst wurden. Dies rechtfertige es, die Leistungen ebenso wie Austrittsleitungen der Pensionskassen nicht als Vergütungen «für erbrachte Dienste» im Sinne der Art. 18 und 19 Abs. 1 Satz 1 DBA zu qualifizieren.
Besteuerung nach innerstaatlichem Recht
Wegen der weiter gehenden Fragen zur einkommensteuerlichen Behandlung gibt der erkennende Senat das Verfahren erneut an den X. Senat ab. Als entscheidungserheblich und nicht geklärt sieht der I. Senat an, ob der sog. Vorbezug nach § 3 Nr. 3 EStG steuerbefreit ist. Verneint man diese Frage, fragt sich, ob der Vorbezug gemäss § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG und/oder ob die geleisteten Arbeitgeberbeiträge nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind (zu Fragen der einkommensteuerlichen Behandlung von Leistungen aus Schweizer Pensionskasse vgl. daneben etwa die Entscheidungen BFH VIII R 31/10, VIII R 38/10 und VIII R 39/10 vom 26. November 2014; BFH VIII R 40/11 vom 2. Dezember 2014 und in Bezug auf die vorzeitige Pensionierung eines abkommensrechtlichen Grenzgängers FG Baden-Württemberg 3 K 1507/13 vom 18. September 2014).
Vermeidung der Doppelbesteuerung in der Schweiz/SteueranrechnungVollständige pauschale Steueranrechnung auch bei Teilbesteuerung
In zwei Verfahren (2C_750/2013 und 2C_79672013) urteilte das Schweizerische Bundesgericht am 9. Oktober 2014 zur Auswirkungen des Teilbesteuerungs- bzw. Teilsatzverfahrens auf die Höhe der Anrechnung ausländischer Quellensteuer. Die Kläger waren in der Schweiz ansässige Steuerpflichtige, die Dividenden einer deutschen Gesellschaft bezogen. Diese Einkünfte dürfen nach Art. 10 Abs. 1 DBA vom Ansässigkeitsstaat, also im Streitfall in der Schweiz besteuert werden. Nach Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA darf aber auch der Sitzstaat der Gesellschaft, also Deutschland, eine Steuer erheben. Diese sog. Sockelsteuer beläuft sich auf 15% des Bruttobetrags der Dividenden. Um die so entstehende rechtliche Doppelbesteuerung zu beseitigen, sieht Art. 24 DBA einen Anrechnungsmechanismus vor. Nach Art. 24 Abs. 2 Nr. 2 DBA kann die Entlastung aus Sicht der Schweiz durch drei unterschiedliche Methoden erfolgen.
Anrechnung ausländischer Steuern in der Schweiz
Zur Umsetzung dessen hat der Bundesrat die Verordnung über die pauschale Steueranrechnung (im Folgenden: PStAV) erlassen, die dem Steuerpflichtigen eine pauschale Anrechnung gewährt. «Pauschal» bedeutet hierbei, dass die Entlastung auf allen drei Steuerebenen (Bund, Kanton und Gemeinde) in einem Gesamtbetrag erfolgt. Diese Anrechnung ist aber in zweierlei Hinsicht beschränkt: Entsprechend der DBA-Regelung besteht eine betragliche Höchstgrenze. Der Anrechnungsbetrag darf höchstens die Summe der auf die Erträge entfallenden schweizerischen Steuer erreichen (in einem Urteil vom 26. September 2014, 2C_64/2013 thematisiert das Bundesgericht die Zusammensetzung dieses Maximalbetrags im Einzelnen). Und grundsätzlich wird sie nur gewährt, wenn überhaupt eine inländische Steuer auf diese Erträge angefallen und somit eine Doppelbelastung eingetreten ist. Dieses Grundprinzip – «keine inländische Anrechnung der ausländischen Steuer ohne inländische Steuer» – ist in Art. 3 Abs. 1 PStAV niedergelegt.
Um der wirtschaftlichen Doppelbelastung der Anteilsinhaber von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften zu begegnen, sehen die Schweizerischen Steuergesetze von Bund und Kantonen wiederum Teilbesteuerungssysteme vor. Dabei lassen sich unterschiedliche Systeme unterscheiden. So sind Beteiligungserträge auf Bundesebene nach einem Teileinkünfteverfahren nur in Höhe von 60% (bei Beteiligungen im Privatvermögen) steuer- bar. Auf Kantonsebene (z.B. § 34 Abs. 4 des Steuergesetzes des Kantons Zürich) finden daneben auch sog. Teilsatzverfahren Anwendung. Hierbei ist der gesamte Beteiligungsertrag steuerbar – es gilt aber ein prozentual entsprechend reduzierter Steuersatz.
Aus diesem Zusammenhang ergibt sich die Frage nach dem Verhältnis der Systeme zur Vermeidung der rechtlichen (internationalen) Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung zueinander. Art. 5 Abs. 4 Satz 1 PStAV sieht dabei vor, dass «Dividenden und diesen gleichgestellte Erträge, die nur einer Teilbesteuerung unterliegen (...) für den Teil, der von der Bemessung der Einkommenssteuer ausgenommen wird, als nicht besteuerte Erträge» gelten.
Anwendung auf die Anrechnung deutscher Kapitalertragsteuer auf Dividenden
In den Streitverfahren stellte sich die Frage, in welchem Ausmass die an der Quelle in Deutschland erhobene Sockelsteuer für die Zwecke der pauschalen Steueranrechnung berücksichtigt werden kann. Bei der Beantwortung dieser Frage ist nach Ansicht des Bundesgerichts nicht zwischen den unterschiedlichen Teilbesteuerungsverfahren (z.B. Teileinkünfte- und Teilsatzverfahren) zu differenzieren – die verschiedenen Methoden unterschieden sich nämlich nur in der gewählten Art des Verfahrens zur Reduktion der Besteuerung, erreichen aber im Ergebnis das identische Ziel. Nach beiden Methoden sei im Ergebnis der gesamte Beteiligungsertrag Steuerobjekt – er unterliege nur der entsprechend ermässigten Besteuerung. Bei dieser Betrachtung müsse der Ertrag aber, so das Gericht, für die Zwecke der Vermeidung der Doppelbesteuerung als «besteuert» anzusehen sein. Demgemäss stelle sich die von Art. 5 Abs. 4 Satz 1 PStAV aufgestellte Behauptung als «Fiktion» dar, die im Widerspruch zu Art. 24 Abs. 2 Nr. 2 DBA stehe. Art. 5 Abs. 4 Satz 1 PStAV sei im Streitfall daher nicht anzuwenden und eine volle pauschale Steueranrechnung vorzunehmen.
Aussensteuerrecht
Hinzurechnungsbesteuerung bei Vermietungseinkünften einer Schweizerischen Zwischengesellschaft
Das FG Münster befasst sich im Urteil 2 K 618/11 F vom 30. Oktober 2014 mit der steuerlichen Erfassung passiver Vermietungseinkünfte einer Schweizer Zwischengesellschaft. Der Kläger war in den Streitjahren Alleingesellschafter einer Schweizer Gesellschaft sowie einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, deren Tochtergesellschaft in der Schweiz ansässig war. Beide Schweizer Gesellschaften erzielten Einkünfte aus der Vermietung ihres Schweizer Grundbesitzes, wobei die Ertragsteuerbelastung dort unter 25% lag. Der Kläger selbst verfügte in Deutschland über eine Wohnung und verbrachte dort mindestens zwei Tage in der Woche.
Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 8 AStG bei Vermietungseinkünften
Streitgegenstand war primär die Anwendung des Aussensteuergesetzes (im Folgenden: AStG) auf diesen Sachverhalt. Das Gericht ordnet die Einkünfte als reine Vermietungseinkünfte und als sog. passive Einkünfte im Sinne des AStG ein. Diese Einkünfte unterlägen in der Schweiz einer «niedrigen Besteuerung» im Sinne des § 8 AStG. Abzustellen sei allein auf die Ertragsteuerbelastung – eine eventuell anfallende Grundstücksgewinnsteuer im Fall der Veräusserung sei bei dieser Berechnung nicht zu addieren.
Annahme einer ständigen Wohnstätte in Deutschland
Eine Verbindung des Streitgegenstands zur Anwendung des DBA ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Nr. 6 lit. b AStG. Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sind nämlich dann keine passiven Einkünfte, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass sie dann nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von dem unbeschränkt Steuerpflichtigen unmittelbar bezogen worden wären.
Im Hinblick auf diese Frage konnte nach Ansicht des erkennenden Senats offenbleiben, ob der Kläger seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz hatte und damit nach Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA als in der Schweiz ansässig galt. Denn nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 DBA kann die Bundesrepublik eine natürliche Person, die in Deutschland über eine ständige Wohnstätte verfügt ungeachtet anderer Bestimmungen des Abkommens nach den Vorschriften über die unbeschränkte Steuerpflicht besteuern. Eine Wohnstätte ist nach der Rechtsprechung eine «ständige», wenn sie aufgrund einer langfristigen Rechtsposition ständig genutzt werden kann und tatsächlich regelmässig genutzt wird. Sie muss dabei als eine in den allgemeinen Lebensrhythmus einbezogene Anlaufstelle des Steuerpflichtigen erscheinen. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger, indem er in den Streitjahren durchgängig eine Wohnung in Deutschland besass und diese mindestens zwei Tage in der Woche auch bewohnte.
Keine Steuerfreistellung Schweizerischer Vermietungseinkünfte in Deutschland
Nach Erkenntnis des Gerichts wären die Einkünfte im Fall eines direkten Bezuges durch den Kläger nicht nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA in Deutschland steuerbefreit gewesen. Die Aufzählung in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA sei abschliessend. Im Streitfall liege keine dieser Einkunftsarten vor, bei denen eine Freistellung erfolgt. Insbesondere diene der Schweizer Grundbesitz keiner dort belegenen Betriebsstätte. Bei dieser Frage sei nur auf die Vermietungstätigkeit und nicht auf eventuelle weitere Aktivitäten der Gesellschaft abzustellen – aus der Systematik der §§ 7 ff. AStG ergebe sich, dass Einkünfte aus verschiedenen nicht einheitlich zu beurteilenden Tätigkeiten jeweils für sich zu betrachten seien.
Im Übrigen, so führt das Gericht aus, lägen keine «Gewinne im Sinne des Artikels 7» vor, die Art. 24 Abs. 1 Nummer 1 DBA voraussetzt. Nach Ansicht des erkennenden Senats kann für die Abgrenzung einer unternehmerischen Tätigkeit von der privaten Vermögensverwaltung, soweit Deutschland der Anwenderstaat ist, im Bereich des Grundstückshandels grundsätzlich auf die Rechtsprechung des BFH zurückgegriffen werden. Damit nimmt der Senat insbesondere Bezug zur sog. Drei-Objekt-Grenze (vgl. Beschluss des Grossen Senats des BFH vom 10.12.2001, GrS 1/989). In Anwendung der entsprechenden Massstäbe konnte im Streitfall kein gewerblicher Grundstückshandel festgestellt werden.
Gemeinschaftsrechtkonformität der Hinzurechnungsbesteuerung
Im Weiteren bestätigt das FG Münster zudem die Gemeinschaftsrechtkonformität der §§ 7 ff. AStG. Unter dem Az. BFH I R 78/14 ist ein Revisionsverfahren anhängig.
Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsabkommen
Auch das zwischen Deutschland und der Schweiz geltende Freizügigkeitsabkommen ist erneut wiederholt Gegenstand der Finanzrechtsprechung.
Verstoss gegen das Freizügigkeitsabkommen durch die überdachende Besteuerung
Zu nennen ist hier insbesondere das Verfahren 3 K 2654/11 vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg, in welchem dieses dem EuGH in dem Verfahren die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, ob die Abwanderungsregelung des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) vereinbar ist.
Nach dieser Vorschrift zur sog. überdachenden Besteuerung kann die Bundesrepublik bei einer in der Schweiz ansässigen natürlichen Person, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und die in Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war, in dem Jahr, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht zuletzt geendet hat, und in den folgenden fünf Jahren die aus der Bundesrepublik stammenden Einkünfte ungeachtet andere Abkommensvorschriften besteuern. Hintergrund dieses «zeitlichen Aufschubs der Abkommensberechtigung für den sog. Wegzügler» ist die Befürchtung einer «Steuerflucht» in die Schweiz.
Der Kläger unterfiel als wegziehender deutscher Staatsangehöriger dem Tatbestand des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA. Als in der Schweiz ansässiger Grenzgänger wäre er nach Art. 15a Abs. 2 DBA auch mit seinem in Deutschland erzielten Einkommen ausschliesslich in der Schweiz steuerpflichtig gewesen. Da er nach Feststellungen des Gerichts aber keine der Ausnahmevoraussetzungen der Abwanderungsregelung erfüllte, suspendiert Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA die übrigen Abkommensbestimmungen und weist Deutschland das Besteuerungsrecht zu.
Das FG Baden-Württemberg sieht Art. 7 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 des Anhangs I FZA durch die DBA-Bestimmung berührt. Der Kläger sei ein abhängig beschäftigter Grenzgänger im Sinne des Art. 7 FZA. Art. 9 Abs. 1 des Anhangs I FZA verbietet, dass Staatsangehörige einer Vertragspartei aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer. Der Absatz 2 dieser Norm erweitert die Gleichbehandlung auf «die gleichen steuerlichen und sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer».
Der beschliessende Senat räumt dabei ein, dass der Kläger nicht als «Staatsangehöriger einer Vertragspartei» (nämlich Deutschlands) im «Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei» (nämlich der Schweiz) anders behandelt werde. Die benachteiligende Besteuerung erfährt er nämlich in der Bundesrepublik selbst und damit nicht durch die «andere Vertragspartei». Nach Ansicht des Senats befindet sich der Kläger aber damit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland in einer Lage, die mit derjenigen anderer Personen, die in den Genuss der durch das Freizügigkeitsabkommen garantierten Rechte und Freiheiten gelangen, vergleichbar sei. Er müsse sich daher, so die Ansicht des erkennenden Gerichts, gegenüber der Bundesrepublik auf Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I FZA berufen können.
Der Senat geht mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH weiter davon aus, dass Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA geeignet ist, das vom Freizügigkeitsabkommen bezweckte Ziel der Freizügigkeit zwischen den Vertragsstaaten zu beeinträchtigten. Im Hinblick auf die Beschränkung auf deutsche Staatsbürger stelle die Regelung zudem einen Verstoss gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit nach Art. 2 FZA dar. Zuletzt führt der Senat aus, dass auch Art. 21 Abs. 1 FZA der europarechtsbedingten Nichtanwendung von Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA nicht entgegenstehe. Laut dieser Vorschrift bleiben die bilateralen Doppelbesteuerungsab- kommen zwischen der Schweiz und den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft von den Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens unberührt. Jedoch dürften nach Auffassung des beschliessenden Senats auch Bestimmungen in Doppelbesteuerungsabkommen anderseits nicht den gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverboten zuwider laufen. Die Anwendung der DBA werde vielmehr durch die Bindung an die im Freizügigkeitsabkommen verankerten Grundfreiheiten überlagert.
Die Rechtssache ist beim EuGH unter dem Az. C-241/14 anhängig. Die Entscheidung des EuGH ist mit Spannung zu erwarten.
Wechsel des Kantons-Wohnsitzes
Auch aus Schweizerischer Sicht war über das Freizügigkeitsabkommen zu entscheiden. So hat das Schweizerische Bundesgericht in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2014 (2C_490/2013) aufgrund bestimmter Modalitäten der Schweizerischen Quellenbesteuerung von Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit einen Verstoss gegen das FZA angenommen. Geklagt hatte ein deutscher Staatsangehöriger, der im Streitjahr vom Kanton St. Gallen in den Kanton Schwyz umgezogen war. Nach Art. 38 Abs. 4 StHG erfolgte in diesem Fall die interkantonale Aufteilung des Besteuerungsrechts pro rata temporis. Der Kläger sah hierin eine Benachteiligung gegenüber einem Schweizer Staatsbürger, der in diesem Fall für das gesamte Jahr im (steuerlich günstigeren) Kanton Schwyz besteuert worden wäre. Das Bundesgericht bestätigt einen nicht gerechtfertigten Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 2 und Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA. Der Bescheid konnte im Streitfall schon aufgrund einer allgemein fehlerhaften Berechnung aufgehoben werden. Die Frage nach dem ebenfalls geltend gemachten Verstoss gegen das Staatsangehörigkeitsdiskriminierungsverbot nach Art. 25 Abs. 1 DBA konnte das Gericht nach diesem Ergebnis offenlassen.