Kanton Zürich: Grundstückgewinnsteuer
Silvia Hunziker
Marco Gehrig
Grundstückgewinne von Zürcher Unternehmen unterliegen heute auch dann vollumfänglich der Grundstückgewinnsteuer, wenn diese Unternehmen aus ihrer geschäftlichen Tätigkeit im Kanton Zürich Verluste ausweisen. Demgegenüber können ausserkantonale Unternehmen ihre Geschäftsverluste mit Grundstückgewinnen im Kanton Zürich verrechnen. Diese Ungleichbehandlung soll beseitigt werden. Gemäss der Vorlage, über welche die Zürcher Stimmberechtigten am 10. Juni 2018 abstimmen, sollen auch Zürcher Unternehmen den Geschäftsverlust vom Grundstückgewinn, den sie im Kanton Zürich erzielt haben, abziehen können. Diese Verrechnung von Geschäftsverlust mit Grundstückgewinn reduziert den steuerbaren Grundstückgewinn und damit die geschuldete Grundstückgewinnsteuer. Ist der Geschäftsverlust grösser als der Grundstückgewinn, entfällt die Grundstückgewinnsteuer ganz.
Alle anderen Kantone lassen die Verrechnung von Geschäftsverlusten mit Grundstückgewinnen zu und berücksichtigen damit die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens. 2004 hat das Bundesgericht entschieden, dass bei interkantonalen Unternehmen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von allen Kantonen auch bei der Besteuerung von Grundstückgewinnen berücksichtigt werden muss. Entsprechend können seit 2004 interkantonale Unternehmen Geschäftsverluste mit im Kanton Zürich erzielten Grundstückgewinnen verrechnen. Zürcher Unternehmen werden damit heute gegenüber Unternehmen benachteiligt, die in mehreren Kantonen steuerpflichtig sind. Das Verwaltungsgericht hat 2010 festgestellt, dass diese Benachteiligung verfassungswidrig ist. Es forderte das Parlament auf, die Ungleichbehandlung von inner- und ausserkantonalen Unternehmen zu beseitigen. Gemäss Bundesgericht sind die Kantone allerdings nicht verpflichtet, innerkantonale Unternehmen gleich wie interkantonale Unternehmen zu behandeln.
Der Ertrag der Grundstückgewinnsteuer kommt allein den politischen Gemeinden zu. Die Auswirkungen der Gesetzesänderung hängen davon ab, wie viele Unternehmen mit Geschäftsverlusten künftig Grundstücke veräus- sern, welche Gewinne sie dabei erzielen und in welchem Umfang Geschäftsverluste angefallen sind. Die Auswirkungen werden deshalb von Gemeinde zu Gemeinde und von Jahr zu Jahr unterschiedlich sein. Aufgrund von Berechnungen in einer repräsentativen Auswahl von Gemeinden ergeben sich in durchschnittlichen Jahren für sämtliche Gemeinden des Kantons Zürich zusammen jährliche Steuerausfälle von rund CHF 4 bis 5 Millionen In Ausnahmesituationen können die Mindereinnahmen höher sein. So hätten sich in der Stadt Zürich im Jahr 2012 Steuerausfälle von rund CHF 44 Mio. ergeben, wenn die Gesetzesänderung damals bereits in Kraft gewesen wäre. Dies wäre aber nur der Fall gewesen, weil in diesem Jahr mehrere Unternehmen mit hohen Geschäftsverlusten in ausnehmend grossem Umfang Liegenschaften verkauften. Erhebungen über die Jahre 2008 bis 2012 bei acht repräsentativen Gemeinden zeigen demgegenüber, dass sich die Ausfälle in normalen Jahren zwischen null und einigen wenigen Promille der Grundstückgewinnsteuererträge der betreffenden Gemeinden bewegen. Sie sind damit weit geringer als die normalen Schwankungen, die bei dieser Steuer von Jahr zu Jahr auftreten. Damit sind die zu erwartenden Steuerausfälle für die Gemeinden in Abwägung zur so erzielten Gleichbehandlung der Unternehmen und zur Beseitigung von Standortnachteilen verkraftbar.
Die Gegner kritisieren, die mit der Gesetzesänderung verbundenen Steuerausfälle würden verharmlost. Sie würden voraussichtlich deutlich höher ausfallen als die CHF 4 bis 5 Millionen pro Jahr, die der Regierungsrat Anfang 2015 fahrlässig optimistisch berechnet habe. Sparmassnahmen zulasten der ganzen Bevölkerung wären die Folge. Die Änderung des Steuergesetzes sei aber auch sachlich nicht gerechtfertigt. Einerseits schneide der Kanton Zürich bei der Unternehmensbesteuerung im Vergleich mit den grossen Wirtschaftskantonen auf Augenhöhe, international sogar sehr gut ab. Viele, auch namhafte Unternehmungen liessen sich im Kanton Zürich nieder. Andererseits sei die Unternehmenssteuerreform III (USR III) am 12. Februar 2017 an der Urne deutlich abgelehnt worden. Derzeit werde die neue Bundesvorlage, die sogenannte Steuervorlage 17, ausgearbeitet. Sie sehe eine Reduktion der Steuern für juristische Personen vor und werde mit hohen Steuerausfällen für Kanton und Gemeinden verbunden sein. Solange die Steuervorlage 17 nicht beschlossen sei, habe es keinen Sinn, das Steuergesetz voreilig zugunsten der Firmen zu ändern. Die vorliegende Revision begünstige insbesondere Grossbanken sowie Immobilienfirmen. Neue Steuerschlupflöcher bei der Grundstückgewinnsteuer schadeten den Gemeinden und nützten nur ganz wenigen. Wenn es in der Folge zu Sparrunden komme, werde die ganze Bevölkerung, insbesondere aber Familien und weniger Privilegierte, darunter leiden. Die Gesetzesänderung schaffe zudem eine neue Ungerechtigkeit: Privatpersonen müssten allfällige Grundstückgewinne nebst dem Einkommen auf jeden Fall versteuern, während Unternehmen neu die Möglichkeit erhalten sollen, negative Geschäftsergebnisse mit den Grundstückgewinnsteuern zu verrechnen. Das sei unfair und abzulehnen.
Kanton Zürich, Kantonale Volksabstimmung, 10.6.2018, Verrechnung von Geschäftsverlusten bei der Grundstückgewinnsteuer.