Daniel Bader
Hanna Brozzo
Marlene Kobierski
Familienstiftungen und Trusts in der Nachlassgestaltung
Workshop zum Thema «Familienstiftungen und Trusts in der Nachlassgestaltung» von Daniel Bader, Hanna Brozzo und Marlene Kobierski anlässlich des ISIS-Seminars «Strukturierung des Privatvermögens mittels Trusts oder Stiftungen» vom 31. Oktober 2023.
Fall 1a: Nachlassplanung mittels australischen Trusts «Grundsachverhalt – Die Ehefrau stirbt als Erste»
1. Sachverhalt
John und Ida sind verheiratet. Sie sind australische Staatsbürger und beide seit 2019 im Kanton Bern ansässig. Sie haben 3 Kinder, von welchen zwei (K1 & K2) ebenfalls im Kanton Bern wohnen, während das dritte Kind (K3) in Australien lebt.
John und Ida setzen je ein Testament mit gleichlautendem Inhalt auf. Der Nachlass wird australischem Recht unterstellt (Art. 90 Abs. 2IPRG). Der Nachlass geht beim Tod eines Ehegatten in einem ersten Schritt zu treuhänderischem Eigentum auf einen sog. Executor über, einen australischen Anwalt.
Ida stirbt im Jahr 2020. Der Executor hat den Nachlass gemäss Testament wie folgt zu verteilen:
- Bezahlung aller Schulden und Todesfallkosten
- Ausrichten von Vermächtnissen an diverse Freunde und Verwandte
- Errichtung des "Kangaroo Trust" und Übertragung des Restnachlasses auf diesen
Frage
- Welche Steuerfolgen ergeben sich beim Tod von Ida?
Fall 1b: Nachlassplanung mittels australischem Trust «Sachverhaltserweiterung I – Der Ehemann verstirbt ebenfalls»
1. Sachverhalt
John stirbt 2023. Das Testament von John enthält folgende Details, die auch das Testament von Ida bereits enthielt.
- K1, K2 und K3 sollen am Trustvermögen zu gleichen Teilen berechtigt sein, deren Nachkommen treten in deren Stellung
- K1, K2 und K3 erhalten die Aktien an der Trustee Ltd. zu gleichen Teilen
- Ab dem 25. Altersjahr besteht ein Anspruch auf eine Geschäftsführerstellung in der Trustee Ltd
- Die Trustee Ltd fällt Entscheide mit Mehrheitsbeschluss, bei Stimmengleichheit zählen die Stimmen von K1, K2 und K3 doppelt
- Die Trustee Ltd kann das Trustvermögen ins Sub-Trusts aufteilen
- Die Trustee Ltd hat vollumfängliches Ermessen darüber, wann, ob und wem sie Ausschüttungen erbringt
Frag
- Welche Steuerfolgen ergeben sich beim Tod vonJohn?
Fall 1c: Nachlassplanung mittels australischen Trusts «Sachverhaltsvariante II – Familienstiftung statt Trust»
1. Sachverhalt
Gleicher Sachverhalt wie im Grundsachverhalt, mit folgender Modifikation.
John und Ida haben testamentarisch nicht die Gründung eines Trusts, sondern einer FL-Stiftung vorgesehen. Begünstigte sind:
- 1. Klasse: der überlebende Ehegatte
- 2. Klasse: die Kinder K1, K2 und K3
- 3. Klasse: weitere Verwandte von John und Ida
- 4. Klasse: Tierparkverein Dählhölzli in Bern
Im Stiftungsrat sitzen ein Anwalt aus dem FL (Vorsitz), sowie der überlebende Ehegatte. Nach dem versterben beider Elternteile werden die Kinder K1, K2, K3 zusätzliche Stiftungsräte.
Frage
Inwiefern hat die Wahl zwischen einem Trust und einer liechtensteinischen (Familien-)Stiftung Einfluss auf die Zurechnung und Besteuerung des Vermögens?
Fall 2a: Letter of Wishes und Protectors «Einfacher Letter of Wishes»
1. Sachverhalt
Identischer Sachverhalt wie in Fall 1a / Grundsachverhalt mit den nachfolgenden Modifikationen.
- Es besteht kein Testament mit detaillierten Anweisungen an den Executor, sondern ein "Letter of Wishes", in demJohn und Ida dem Executor ihre Wünsche bezüglich des Trusts mitteilen.
- Der überlebende Ehegatte (John oder Ida) und K1, K2, K3 sind weder Aktionäre noch Geschäftsführer der Trustee Ltd. Es handelt sich vielmehr um eine professionelle Trusteegesellschaft, welche für eine Vielzahl von Trusts als Trustee amtet.
- Der überlebende Ehegatte und K1, K2 und K3 gehören der gleichen Klasse von Beneficiaries an.
- Die anderen Klassen von Beneficiaries (Verwandte, Tierparkverein Dählhölzli) und deren Reihenfolge sind unverändert.
- Der Trust Deed sichert der Trustee Ltd volle Entscheidungsfreiheit zu, ob, wann und in welcher Höhe ein Beneficiary eine Ausschüttung erhalten soll.
Fragen
WelcheBedeutung hat der Letter of Wishes?
Wie ist der Umstand zu werten, dass:
- Der überlebende Ehegatte und K1, K2 und K3 der gleichen Class of Beneficiaries angehören?
- Die Beneficiaries keine Funktion in der Trustee Ltd einnehmen können und auch keine Aktien an ihr halten?
Fall 2b: Letter of Wishes und Protectors «Klarer Letter of Wishes, Absicherung durch Protectors»
1. Sachverhalt
Wie im Grundsachverhalt mit folgenden Modifikationen:
Der Letter of Wishes ist durch die verstorbene Person und die designierten Protectors unterzeichnet. Er enthält folgende Wünsche:
- Die Trustee Ltd soll den überlebenden Ehegatten mit 50%, die Kinder K1, K2 und K3 je mit 16.66% am Trustvermögen berechtigen
- Die Trustee Ltd soll jährlich entsprechend der obigen Quoten die laufenden Erträge aus dem Trust ausschütten
- Für eine anderweitige Ausschüttung oder für den Ausschluss eines Beneficiary soll die Trustee Ltd Rücksprache mit den Protectors nehmen
Der Trust Deed hält bezüglich der Protectors Folgendes fest:
- Diese Entscheide der Trustee Ltd. bedürfen der vorgängigen Genehmigung der Protectors:
- Änderungen der Beneficiaries
- Ausschüttungen an die Beneficiaries, ausser laufende Erträge
- Aussetzen der Ausschüttung der laufenden Erträge an die Beneficiaries
- Die Protectors sind befugt, den Trustee jederzeit zu ersetzen
- Die Protectors sind in erster Linie der überlebende Ehegatte und K1, K2 und K3 mit gleicher Stimme
- Bei Stimmengleichheit hat der überlebende Ehegatte den Stichentscheid
Frage
Welche Bedeutung hat der Letter of Wishes und die Protector-Stellung für die Qualifikation des Trusts und die Zurechnung des Trustvermögens?
Fall 3a: Ursprünglich eingebrachtes Trustkapital «Grundsachverhalt»
1. Sachverhalt
Estate Trust ist ein irrevocable discretionary Trust, der im Rahmen der Nachlassabwicklung von Hans errichtet wurde, der 2010 verstorben ist.
Das Trustvermögen ist den beiden Beneficiaries des Estate Trusts, Uwe und Ute, beide mit Wohnsitz in Bern, steuerlich nicht zuzurechnen.
Bei der Errichtung des Trusts im Jahr 2010 wurden folgende Vermögenswerte eingebracht:
- Barmittel von CHF 0.5 Mio.
- Wertschriftendepot 1 Mio. mit verschiedenen Handelstiteln (Aktien, Obligationen, etc.)
- 100% der Anteile an der Ypsilon GmbH mit Sitz in Deutschland
- 2 Kunstwerke von Vincent van Gogh
- Chalet in Gstaad
Der Trust soll nun liquidiert werden. All die Jahre seit der Errichtung hat er keine Ausschüttungen vorgenommen. Bezüglich der verschiedenen Vermögenswerte ist Folgendes zu beachten:
- Die Barmittel betragen immer noch CHF 0.5 Mio., laufende Erträge und Aufwände (Dividenden aus der Ypsilon GmbH, Erträge Wertschriften-portfolio, Liegenschaftsunterhalt und Trustverwaltung) wurden über die Barmittel gebucht
- Das Wertschriftenportfolio wurde aktiv verwaltet und konnte trotz einiger Fehlinvestitionen mit einem Gewinn von CHF 0.5 Mio. liquidiert werden
- Anteile an der Ypsilon GmbH sollen zu je 50% an Uwe und Ute ausgeschüttet und künftig von ihnen gehalten werden. Der Wert der Anteile stieg von
CHF 10 Mio. bei Einbringung auf heute CHF 15 Mio. - Die 2 Kunstwerke von Vincent van Gogh werden unter Uwe und Ute aufgeteilt (jeder nimmt eines)
- Das Chalet in Gstaad geht ins hälftige Miteigentum von Ute und Uwe über und wird als Ferienhaus genutzt
Frage
Welche Steuerfolgen fallen bei Uwe und Ute im Rahmen der Liquidation an?
Fall 3b: Ursprünglich eingebrachtes Trustkapital «Sachverhaltsvariante Stiftung»
1. Sachverhalt
Sachverhalt grundsätzlich wie Grundsachverhalt, aber anstatt eines Trusts geht es um die nicht-kontrollierte Immer-Sommer Stiftung mit Sitz und Verwaltung in Vaduz, Liechtenstein.
Frage
Was ändert sich in Bezug auf die Liquidation der Stiftung gegenüber einem irrevocable discretionary Trust?
Fall 4a: Einbringung von Schweizer Grundstücken in Trusts und Stiftungen «Grundsachverhalt - Trust»
1. Sachverhalt
Sara ist australische Staatsangehörige. Sie lebt seit vielen Jahren im Kanton Bern und verfügt inzwischen auch über die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Sara besitzt eine Gewerbeliegenschaft, die vermietet ist und in der eine Schreinerei betrieben wird. Zudem besitzt Sara ein Wohnhaus, in dem sie lebt. Beide Grundstücke sind im Kanton Bern. Sie beabsichtigt, einen Trust zu errichten und ihre Grundstücke in diesen einzubringen.
Bezüglich des Trusts gelten folgende Regelungen:
- Zu Lebzeiten von Sara soll sie einzige Beneficiary des Trusts sein. Nach ihrem Tod sollen ihre beiden in Australien lebenden Kinder (Variante: ihre beiden in Australien lebenden Freundinnen) Beneficiaries des Trusts sein.
- Trustee soll die in Australien ansässige Trustee Ltd. sein. Zu Lebzeiten ist Sara einzige Aktionärin sowie gemeinsam mit einem australischen Anwalt Geschäftsführerin.
- Nach ihrem Tod werden die beiden Kinder (Variante: Freundinnen) von Sara
Aktionäre (je 50%) und gemeinsam mit dem australischen Anwalt Geschäftsführer der Trustee Ltd.
Fragen
1. Ergeben sich unter dem Aspekt der Lex Koller Probleme bei Einbringung der Grundstücke in den Trusts bzw. beim Tod von Sara?
2. Welche Steuerfolgen ergeben sich hinsichtlich Grundstückgewinnsteuer (GGST) und Handänderungssteuer (HÄST):
- Bei Einbringung der Grundstücke in den Trust?
- Beim Tod von Sara?
Fall 4b: Einbringung von Schweizer Grundstücken in Trusts und Stiftungen «Sachverhaltsvariante – Stiftung»
1. Sachverhalt
Die Grundstücke werden nun nicht in einen Trust, sondern eine liechtensteinische Familienstiftung eingebracht, wobei:
- Die Situation / der Rang der Begünstigten jener der Beneficiaries beim Trust entspricht
- Zu Lebzeiten Sara und ein liechtensteinischer Anwalt Stiftungsräte sind, nach ihrem Tod die beiden Begünstigten mit dem Anwalt
- Beschlüsse erfolgen mit Mehrheitsentscheid. Bei Stimmengleichheit zählen die Stimmen der Begünstigten doppelt
Frage
Inwiefern ergeben sich bezüglich Lex Koller undSteuerfolgen Änderungen im Vergleich zur Situation beim Trust?