Ralf Imstepf
Roger Rohner
Leistungen zwischen eng verbundenen Personen aus Sicht der MWST
Workshop von Ralf Imstepf und Roger Rohner anlässlich des ISIS)-Seminars vom 28. März 2023 mit dem Titel «Geldwerte Leistungen im nationalen und internationalen Verhältnis»
Fall 1: Leistungen unter eng verbundenen Personen – Grundlagen
1. Grundsachverhalt
Alle Aktien der im Mehrwertsteuerregister eingetragenen Sophokles AGwerden von ihrem Gründer, Herrn Ulysses, gehalten. Gesellschaftszweck derSophokles AG ist die Herstellung von Medikamenten.
Der Bruder vonHerrn Ulysses ist begeisterter Segler. Alle paar Jahre kauft die Sophokles AGdaher ein neues Segelboot (Kaufpreis CHF 150’000 zzgl. MWST) und überträgt es anschliessenddem Bruder von Herrn Ulysses für den Kaufpreis von CHF 100 zzgl. MWST. DieVorsteuern auf dem Segelboot macht die Sophokles AG geltend.
Frage
- Wie ist dieses Vorgehen mehrwertsteuerlich zuwürdigen?
2. Sachverhaltsvariante1 – Exkurs: Flugzeugfall
Die Sophokles AGstellt Herrn Ulysses unentgeltlich ein Flugzeug zur Verfügung, mit dem erprivat um die Welt jettet.
Frage
- Wie ist dieses Vorgehen mehrwertsteuerlich zuwürdigen?
3. Sachverhaltsvariante2 – Stiftungen und Vereine
Die Sophokles AGhat vor Jahren die Pensionskasse «Achille» errichtet, bei welcher das gesamtePersonal versichert ist.
Die Sophokles AGhat vor einigen Jahren die Stiftung «Philoktet» errichtet, welche sich derForschung von Schlangenbissen widmet. Sie ist von der direkten Bundessteuerbefreit. Alimentiert wird die Stiftung aus der Bewirtschaftung des eigenenStiftungskapitals, sowie aus Zuwendungen der Sophokles AG. Der Stiftungsratbesteht aus drei Vertretern des VR der Sophokles AG.
EinigeMitarbeiter der Sophokles AG haben den Verein «Lemnos» gegründet. Dieserunterstützt Flüchtlingsprojekte auf griechischen Inseln. VerschiedeneMitarbeiter setzen dafür einen Teil ihrer Ferien für Aktivitäten vor Ort ein.Der Verein ist von der direkten Bundessteuer befreit.
Die Sophokles AGunterstützt sowohl die beiden Stiftungen als auch den Verein dadurch, dass dasjeweilige Sekretariat vollumfänglich und unentgeltlich durch die Sophokles AGbesorgt wird. Der Stiftung «Philoktet» werden zudem Geräte undVerbrauchsmaterial zu einem Vorzugspreis abgegeben. Dem Verein «Lemnos» werdenregelmässig Gratismedikamente nach Griechenland geliefert.
Frage
- Wie ist dieses Vorgehen mehrwertsteuerlich zuwürdigen?
Fall 2: Konzerninterne Leistungen
1. Grundsachverhalt – KonzerninterneLeistungen
Die AlphaHolding AG mit Sitz in Zug hält Beteiligungen an operativ tätigen,mehrwertsteuerpflichtigen Tochtergesellschaften (Herstellung vonIndustriegütern) in den Kantonen Zürich, Thurgau und St. Gallen. Sie verfügtüber kein eigenes Personal, abgesehen von ihren beiden Gesellschaftern imVerwaltungsrat, welche pro Jahr ein Verwaltungsratshonorar von je CHF 5'000beziehen.
DenTochtergesellschaften wurden von der Alpha Holding AG Darlehen gewährt, wobeidie Höchstzinssätze gemäss Rundschreiben der ESTV über geldwerte Leistungeneingehalten wurden. Dividenden wurden von den Tochtergesellschaften in denletzten Jahren keine ausgeschüttet. Auch sonst wurden keine weiterenkonzerninternen Transaktionen gebucht.
Frage
- Worauf ist bei dieser Ausgangslage mehrwertsteuerlichzu achten?
2. Sachverhaltsvariante1 – Zinslose Darlehen
Die AlphaHolding AG gewährt die Darlehen zinslos an die Tochtergesellschaften.
3. Sachverhaltsvariante2 – Ausländische Tochtergesellschaften
Die operativ tätigenTochtergesellschaften haben ihren Sitz nicht in der Schweiz, sondern im Auslandund sind in der Schweiz nicht für MWST-Zwecke registriert.
Fall 3: Privatanteile
1. Grundsachverhalt – Geschäftswagen
Barbara Grau,wohnhaft in Biel, ist alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin derBagrau AG, MWST-registriert und effektiv abrechnend, mit Sitz in Bern. DieGesellschaft erbringt Treuhandleistungen, hat zwei Angestellte und erzielteinen Jahresumsatz von CHF 500'000.
Die Bagrau AGkauft einen Geschäftswagen für Barbara Grau für CHF 250'000.
Frage
- Wie ist der Geschäftswagen mehrwertsteuerlich zubehandeln?
2. Sachverhaltsvariante1 – Veteranenfahrzeuge
Babara Grau und ihr Ehepartner, welcher nicht für die Bagrau AG tätigist, sind seit Jahren Liebhaber von Veteranenfahrzeugen.
Die Bagrau AGhat nun zehn solcher Fahrzeuge erworben, die in Biel abgestellt werden. DieFahrzeuge werden nur bewegt, um Standschäden zu vermeiden, und werden anMessen, Shows und Ausstellungen gezeigt. Je drei davon sind betreffendFahrzeugpapiere und Nummernschilder auf den Namen von Barbara Grau bzw. ihremEhepartner eingelöst worden. Gelegentlich wird auch innerhalb eines Zeitraums vonmehreren Jahren ein Fahrzeug wieder verkauft.
Frage
- Wie sind diese Fahrzeuge mehrwertsteuerlich zubehandeln?
3. Sachverhaltsvariante2 – SBB Generalabonnement
Die Bagrau AGverkauft in der Folge die Veteranenfahrzeuge und stellt Barbara Grau und denübrigen Angestellten ein Generalabonnement (GA) der SBB zur Verfügung, welchesdiese auch für Privatfahrten benutzen dürfen.
Frage
- Wie ist die Abgabe des GA mehrwertsteuerlich zubeurteilen?
Fall 4: Bemessung des Drittwerts – ausgewählte Rechtsprechung
1. Sachverhalt 1(Kostenaufschlagsmethode)
Die Hektor AGmit Sitz in Chur/GR ist eine Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einemHotel überbaut ist. Das Grundstück (samt Hotel) ist verpachtet an die ebenfallsin Chur ansässige Priam AG. Diese betreibt das Hotel und rechnet mitSaldosteuersätzen ab.
Die beidenGesellschaften sind eng verbunden (gleiche Topholding). Der jährliche Pachtzinsbeträgt einen symbolischen Franken.
Frage
- Wie könnte die ESTV den Drittpreis für denPachtzins berechnen?
2. Sachverhalt 2(Wiederverkaufspreismethode)
Die Castor-und-PolluxAG betreibt ein Architekturbüro. Die Aktionäre Castor und Pollux besitzen je 50% des Aktienkapitals und sind beide im Unternehmen tätig.
Die Castor AGund die Pollux AG erbringen Leistungen im Immobilienbereich. Herr Castor istAlleinaktionär der Castor AG und gleichzeitig Geschäftsführer. Herr Pollux istAlleinaktionär der Pollux AG und gleichzeitig Geschäftsführer. Die Bilanzensowie die Erfolgsrechnungen der beiden Gesellschaften weisen weder Anlagevermögennoch IT-Geräte oder sonstige Infrastruktur oder Lohnaufwand auf.
Sowohl dieCastor-und-Pollux AG als auch die Castor AG und die Pollux AG rechnen nach derSaldosteuersatzmethode ab.
Im Jahr 2021erzielt die Castor AG einen Umsatz von CHF 120'000 (ohne MWST); die Pollux AGeinen solchen von CHF 140'000 (ohne MWST).
Fragen
- Kann im vorliegenden Fall von Leistungen der Castor-und-PolluxAG an eng verbundene Personen ausgegangen werden? Was wäre dieBemessungsgrundlage der Leistungen der Castor-und-Pollux AG?