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Petra Caminada

Moritz Seiler

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei personenbezogenen Gesellschaften

Workshop zum Thema «Sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei personenbezogenen Gesellschaften» von Petra Caminada und Moritz Seiler anlässlich des ISIS-Seminars «Besteuerung von Aktionär und Gesellschaft bei personenbezogenen Unternehmen» vom 18. - 19. September 2023.

09/2023
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(Einführungspreis)
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Die Workshops sind auch einzeln in der Rubrik «Unterlagen» verfügbar.
Die Falllösungen und weitere Unterlagen können kostenlos im Shop bezogen werden.

Fall 1: Massgebender Lohn (unselbständige Erwerbstätigkeit, Lohnkomponenten, Auszahladresse)

1. Sachverhalt

Ludwig Meier gründete vor 30-Jahren die LM Bau AG und hat sie zu einem erfolgreichen Unternehmen mit mehreren Angestellten aufgebaut. Ronny Fuchs absolvierte dort seine Lehre zum Maurer EFZ. Auf seinen anschliessenden Wanderjahren liess er sich zum Zeichner EFZ ausbilden und absolvierte anschliessend die Weiterbildung zum dipl. Bauleiter. Nach mehrjähriger Berufserfahrung als leitender Mitarbeiter in anderen Bauunternehmen kehrte Ronny Fuchs vor drei Jahren als leitender Mitarbeiter der LM Bau AG zurück. Ludwig Meier möchte sich in absehbarer Zeit aus der operativen Tätigkeit zurückziehen und die Führung der LM Bau AG ganz in die Hände von Ronny Fuchs (operative Führung) und von seinen Kindern (strategische Führung) legen. Als Anreiz und zur Bindung möchte er Ronny Fuchs 20% der Aktien an der LM Bau AG verkaufen und ihm zusätzlich als Dank für seine Loyalität ein weiteres Aktienpaket (10%) schenken. Ludwig Meier ist nämlich der festen Überzeugung, dass Ronny Fuchs die Gesellschaft zusammen mit seinen Kindern in seinem Sinne weiterführen wird.

Fragen

  • Wie werden die von Ronny Fuchs gehaltenen Aktien sozialversicherungsrechtlich qualifiziert?
  • Wird die Schenkung des Aktienpakets bei Ronny Fuchs sozialversicherungsrechtlich akzeptiert?

2. Fortsetzung I

Wie im Grundsachverhalt erwirbt Ronny Fuchs 20% der Aktien an der LM Bau AG. Für weitere 10% der Aktien lässt er sich eine Option einräumen. Die Option ist so ausgestaltet, dass Ronny Fuchs 5 Jahre nach dem Erwerb des 20%-Beteiligungspakets weitere 10% der Aktien von Ludwig Meier erwerben kann. Der Preis dafür wird im Ausübungszeitpunkt nach der gleichen Bewertungsmethode ermittelt, wie der Preis für das bereits erworbene Beteiligungspaket von 20%. Ludwig Meier und Ronny Fuchs halten vertraglich fest, dass Ronny Fuchs die Option nur dann ausüben kann, wenn er in diesem Zeitpunkt in ungekündigter Stellung bei der LM Bau AG tätig ist und die operative Führung von Ludwig Meier übernommen hat. Sollten diese Bedingungen nicht erfüllt sein, verfällt die Option.

Frage

  • Wie ist die Mitarbeiteroption sozialversicherungsrechtlich zu qualifizieren?

3. Fortsetzung II

Ronny Fuchs hat vor vielen Jahren einen alten Bauernhof gekauft und hält hobbymässig eine kleine Herde von Bündner Oberländer Schafen. Er stellt in seiner Freizeit selber verschiedene Produkte her (v.a. Käse, verschiedene Wurstwaren sowie Gegenstände aus Filz). Die Produkte verkauft er unter anderem auch an die LM Bau AG, die sie ihrerseits bereits seit Jahren als Weihnachts-/Werbegeschenke an ihre Kunden abgibt.

Frage

  • Gilt der Verkaufspreis, den Ronny Fuchs für die Artikel von der LM Bau AG erhält, sozialversicherungsrechtlich als Lohnbestandteil?

4. Fortsetzung III

Ronny Fuchs benötigt für seine Schafshaltung eine grössere Stallung. Zur Beschaffung der dafür benötigten liquiden Mittel, vereinbaren Ludwig Meier und Ronny Fuchs, dass Letzterer aus den Gewinnreserven der LM Bau AG eine im Verhältnis zu seiner Beteiligung höhere Dividende (asymmetrische Dividende) als Ludwig Meier erhalten soll.

Frage

  • Werden asymmetrische Dividenden aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht akzeptiert?

5. Fortsetzung IV

Ronny Fuchs kauft im Gegensatz zum Grundsachverhalt 100% der Aktien. Bei der von Ludwig Meier gegründeten Gesellschaft handelt es sich um eine auf IT-Sicherheitssysteme spezialisierte Gesellschaft (LM IT-Sicherheits AG). Vertraglich vereinbaren Ludwig Meier und Ronny Fuchs zudem, dass Ludwig Meier über die nächsten drei Jahre Zahlungen proportional zum Geschäftserfolg als Earn Out erhalten soll. Diese zusätzlichen Zahlungen wird Ludwig Meier jedoch nur erhalten, wenn Ludwig Meier sich verpflichtet, die nächsten drei Jahre weiterhin für die LM IT-Sicherheits AG weiterzuarbeiten und das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Fälligkeit ungekündigt ist.

Frage

  • Wie sind die Earn-Out-Zahlungen sozialversicherungsrechtlich zu qualifizieren?

Fall 2: Plattformökonomie (Selbständige vs. unselbständige Erwerbstätigkeit, Beitragspflicht für ausländische Personen und Gesellschaften, Betriebsstätten)

1. Sachverhalt

Die ETH-Absolventen Anna und Beatrice gründen nach dem Studium unter der Firma «Unter GmbH» ein Start-up. Sie möchten eine Plattform( «Unter App») programmieren, auf der man Chauffeure für Fahrten in der Stadt Zürich buchen und direkt mit der Kreditkarte bezahlen kann. Zu diesem Zweck mieten sie in der Stadt Zürich ein Büro mit der nötigen IT-Infrastruktur.

Anna und Beatrice sind talentiert und schliessen die Programmierung der Unter App erfolgreich ab. Schon bald stehen sie in Kontakt mit zwanzig Personen, die interessiert sind, als Chauffeure tätig zu werden. Vorerst sollen die Fahrpreise aber so kalkuliert werden, dass sie lediglich die Unkosten der Chauffeure decken(«kostendeckender Mitnahmeservice»), während die Unter GmbH für die Vermittlung eine Kommission von 5 % erhalten soll.

Frage

  • Unterliegen die Chauffeure für ihre Tätigkeit den Sozialversicherungen?

2. Fortsetzung I

Nachdem der Fahrdienstservice der Unter GmbH erfolgreich angelaufen ist, möchten Anna und Beatrice nun das Geschäftsmodell ändern. Neu sollen die Chauffeure mit den Fahrten Geld verdienen können. Zu diesem Zweck sollen die relevanten Verträge angepasst werden. Anna und Beatrice möchten allerdings vermeiden, für die Chauffeure Sozialversicherungsbeiträge abrechnen zu müssen.

Frage

  • Welche Kriterien bestimmen, ob die Chauffeure für die Zwecke der Sozialversicherungen als selbständig oder unselbständig erwerbstätig gelten?

3. Fortsetzung II

Ein paar Jahre später verkaufen Anna und Beatrice die Unter GmbH für CHF 10 Mio. an die niederländische Supra BV, die ebenfalls im Fahrtenvermittlungsgeschäft tätig ist. Die Supra BV integriert die Plattform der Unter GmbH in ihre eigene Plattform («Supra App»). Chauffeure, die sich auf der Supra App registrieren, müssen mit der Supra BV einen Dienstleistungsvertrag abschliessen. Danach müssen Chauffeure unter anderem der Supra BV alle relevanten Bewilligungen vorlegen, bevor sie Fahrdienste erbringen dürfen, und über ein taugliches Fahrzeug verfügen, das Sicherheits- und Wartungsstandards einhält und hinreichend sauber und hygienisch ist. Daneben enthält der Dienstleistungsvertrag eine Reihe weiterer «Verhaltensempfehlungen» an die Chauffeure. Beispielsweise haben die Chauffeure die Kunden stets auf direktem Weg zum Ziel zu befördern, Anstandsregeln zu wahren und Kunden nicht wegen ihres Geschlechts, ihrer Ethnie, ihrer Sexualität oder anderer geschützter Eigenschaften zu diskriminieren. Zudem wird den Chauffeuren empfohlen, mindestens zehn Minuten auf den Fahrgast zu warten. Gewisse dieser Vorgaben kann die Supra BV direkt überwachen (z.B. über GPS). Andere überwacht die Supra BV zwar nicht direkt, aber die Kunden können die Chauffeure auf der Supra App mit 1 bis 5 Sternen bewerten und grobe Verfehlungen direkt melden. Wenn ein Fahrer über eine Spanne von drei Monaten eine Durchschnittsbewertung von weniger als 3 Sternen hat oder ein Kunde einen groben Regelverstoss (z.B. schwere Verkehrsregelverletzungen oder gravierende Verletzungen der Anstandsregeln) gemeldet hat, kann die Supra BV den Chauffeur von der Supra App ausschliessen.

Die Chauffeure können selbst bestimmen, wie oft und wo sie Fahrten entgegennehmen. Die Chauffeure sind also völlig frei, wie viel Zeit und Aufwand (Benzin etc.) sie investieren möchten. Ihnen steht es auch frei, auf anderen Fahrtenvermittlungsplattformen Fahrten zu übernehmen oder als Taxifahrer zu arbeiten (kein Konkurrenzverbot). Wenn die Chauffeure vorübergehend keine Fahrten auf der Supra App annehmen möchten, empfiehlt ihnen die Supra BV, dass sie sich auf der Supra App ausloggen. Bleibt ein Chauffeur für mehr als 90 Tage am Stück ausgeloggt, geht die Supra BV davon aus, dass er keine Fahrtdienstleistungen mehr erbringen möchte und der Dienstleistungsvertrag beendet ist. Daneben können beide Seiten den Dienstleistungsvertrag mit Frist von sieben Tagen kündigen (wenn die Supra BV den Vertrag kündigt, schliesst sie den Chauffeur allerdings sofort und nicht erst nach sieben Tagen von der Plattform aus). Auch wenn sie eingeloggt sind, müssen die Chauffeure nicht jede Fahrt annehmen. Sie können Fahrten auch nach Annahme noch stornieren. Allerdings können die Kunden Chauffeure, die ihre Fahrt stornieren, ebenfalls bewerten. Die Supra BV empfiehlt den Chauffeuren, möglichst viele Fahrten anzunehmen, zumal die Chauffeure bei zu vielen Ablehnungen bei den Fahrkunden eine «negative Erfahrung» verursachen. Die Supra App bietet die Fahrt immer zuerst den geografisch nächsten Chauffeuren an, wobei diesen nicht bzw. erst nach der Annahme der Fahrt angezeigt wird, wohin der Kunde fahren möchte. Der Preis für die Fahrt wird von der Supra App bestimmt, wobei es den Chauffeuren freisteht, ihn um bis zu 30 % zu reduzieren. Die Servicegebühr, welche die Supra BV einbehält, wird von einer solchen Reduktion allerdings nicht berührt.

Wie bereits bei der Unter App läuft auch auf der Supra App die Bezahlung über Kreditkarte. Die Supra BV überweist den Fahrpreis sodann nach Abzug der fixen Servicegebühr auf das Bankkonto des Chauffeurs.

Fragen

  • Welche Kriterien sprechen hier für selbständige, welche für unselbständige Erwerbstätigkeit der Chauffeure?
  • Welche Rolle spielt das Bewertungssystem?
  • Wie bewerten Sie die Tätigkeit der Chauffeure?

4. Variante zu Fortsetzung II

Die Supra App erlaubt den Fahrern, den algorithmisch berechneten Fahrpreis um maximal das Dreifache zu erhöhen oder ihn um bis zu 50 % zu reduzieren. Dem Chauffeur wird von Beginn weg angezeigt, wohin die Fahrt ungefähr führt (Angabe der Postleitzahl und der Zielgemeinde). Ausserdem hat die Supra App eine Funktion «Meine Fahrer», mit der ein Kunde seine Fahrt zuerst bestimmten Fahrern anbieten kann, die ihm bereits bekannt sind. Die Chauffeure können Fahrten ohne negative Konsequenzen ablehnen oder stornieren. Zudem verzichtet die Supra BV auf Weisungen und Empfehlungen an die Chauffeure und sichert ihnen zu, ihreTätigkeit nicht zu überwachen.

Frage

  • Wie bewerten Sie die Tätigkeit der Chauffeure?

5. Fortsetzung III

Das Geschäft floriert weiter. Mittlerweile bietet die Supra BV die Supra App in der ganzen Schweiz an. Allein für den Kanton Zürich sind auf der Supra App 500 Chauffeure registriert. 300 davon sind Schweizer Staatsangehörige, 100 sind Angehörige aus den umliegenden EU-Staaten( Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich) und 100 sind Angehörige von Drittstaaten (u.a. Kosovo, Türkei und Vereinigtes Königreich).

Die Supra BV hält weiterhin die Stammanteile an der Unter GmbH, die mittlerweile in Supra Switzerland GmbH umfirmiert worden ist. Der Aufgabenbereich der Supra Switzerland GmbH beschränkt sich nunmehr auf das Marketing (v.a. Werbekampagnen, um die Supra App in der Schweiz noch bekannter zu machen), wofür sie 20 Personen beschäftigt. Das Büro in Zürich wird ausschliesslich zu diesem Zweck verwendet. Am Unterhalt und der Weiterentwicklung der Supra App ist die Supra Switzerland GmbH nicht beteiligt. Die Supra BV unterhält in der Schweiz keine eigenen Büros oder sonstige feste Geschäftseinrichtungen.

Die Sozialversicherungsanstalt (SVA) Zürich ist der Auffassung, dass die Chauffeure unselbständig erwerbstätig sind. Sie schickt deshalb eine Beitragsverfügung an die Supra Switzerland GmbH, mit der sie von dieser Gesellschaft Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für die letzten drei Jahre einfordert.

Fragen

  • Haftet die Supra Switzerland GmbH für die Sozialversicherungsbeiträge (Annahme: Chauffeure sind unselbständig erwerbstätig)?
  • Falls die Supra Switzerland GmbH nicht haftet: Wen könnte die SVA Zürich sonst ins Recht fassen? Welche Rolle spielt die Staatsangehörigkeit der Chauffeure?
  • Welches Mittel kann die SVA Zürich ergreifen, wenn die involvierte Person ihr keine Auskunft über die potenziell beitragspflichtigen Löhne geben? Was muss die SVA Zürich beachten?
  • Exkurs: Die SVA Zürich meldet ihre Erkenntnisse dem Kantonalen Steueramt (KSTA) Zürich. Kann das KSTA Quellensteuern erheben und wenn ja, bei welcher Gesellschaft?

6. Variante zu Fortsetzung III

Die Supra Switzerland GmbH ist zwar nicht an der Entwicklung der Supra App beteiligt, aber in ihrem Büro in Zürich finden regelmässig Schulungen für neue Fahrer statt. Die Supra BV kann diese nötigenfalls auch sehr kurzfristig ansetzen. Diese Schulungen werden hauptsächlich elektronisch durchgeführt, aber von anwesenden Mitarbeitern der Supra Switzerland GmbH unterstützt.

Frage

  • Was ändert sich im Vergleich zum Grundsachverhalt (sozialversicherungs- und quellensteuerrechtlich)?

Fall 3: Einmann-Gesellschaft und Immobilien (Dividende vs. Lohn, Beteiligungen im Geschäftsvermögen, Bindungswirkung, Akontobeiträge)

1. Sachverhalt

Sepp Meier (wohnhaft in Zürich) ist seit einigen Jahren als Chauffeur auf der Supra App tätig. Er hat gehört, dass es steuer- und sozialversicherungstechnisch günstiger sei, wenn er seine Dienstleistungen über eine eigene GmbH anbietet. Er gründet zu diesem Zweck die Meier Taxi GmbH (mit Sitz in Zürich), als deren einziger Geschäftsführer er fungiert. Zur Liberierung seiner Stammanteile überträgt er u.a. seinen brandneuen Mercedes (Verkehrswert: CHF 80'000) auf die GmbH. Anschliessend registriert Sepp Meier seine GmbH auf der Supra App und schliesst in ihrem Namen mit der Supra BV den Dienstleistungsvertrag ab. Fortan wickelt Sepp Meier sein gesamtes Supra-Geschäft (inkl. Benzin und Unkosten) über die GmbH ab, in deren Namen er auch die Fahrten besorgt, was auf der Supra App ausgewiesen wird. Die Meier Taxi GmbH bezahlt Sepp Meier einen Lohn von CHF 10'000. Zudem lässt er sich den Jahresgewinn von CHF 70'000 als Dividende auszahlen. Der Vermögenssteuerwert der Stammanteile an der Meier Taxi GmbH beträgt CHF 140'000.

Fragen

  • Wer muss für wen worauf Sozialversicherungsbeiträge bezahlen?
  • Unter der Annahme, dass die Meier Taxi GmbH beitragspflichtig ist: Werden die Sozialversicherungsbehörden das Verhältnis von beitragspflichtigem Lohn zur Dividende akzeptieren?

2. Fortsetzung I

Im nächsten Jahr lässt sich Sepp Meier einen Lohn von CHF 100’000 ausbezahlen. Zudem bezieht er eine Dividende von CHF 10'000. Die Stammanteile an der Meier Taxi GmbH haben mittlerweile einen Vermögenssteuerwert von CHF 150'000. Daneben ist Sepp Meier auch erfolgreich im Immobiliengeschäft tätig. Er hält diverse Liegenschaften über die Meier Real Estate AG, die er zu 100 % hält. Die Meier Real Estate AG erzielt aus Mieterträgen und Veräusserungsgewinnen einen Gewinn von CHF 1 Mio., den sich Sepp Meier vollständig als Dividende ausschütten lässt (Annahme: keine unselbständige Erwerbstätigkeit für Meier Real Estate AG). Daneben hält er auch noch mehrere Liegenschaften direkt in seinem Geschäftsvermögen, aus denen er Mieterträge von CHF 50'000 bezieht. Eine dieser Liegenschaften hat er im laufenden Jahr allerdings teilweise auch privat benutzt.

Frage

  • Welche Einkünfte unterliegen in welchem Umfang den Sozialversicherungsbeiträgen?

3. Fortsetzung II

Das Immobiliengeschäft von Sepp Meier läuft ausgezeichnet. Sepp Meier entschliesst sich daher, sich mit Linda Peter und Ivan Russi als Partner zusammenzutun, um grössere Projekte in Angriff nehmen zu können. Zu diesem Zweck schliessen Sepp Meier, Linda Peter und Ivan Russi einen«Konsortialvertrag». Sie erwerben zusammen mehrere Liegenschaften im Kanton Zürich (mit Fremdfinanzierungsgrad von 80 %), die sie entwickeln unda nschliessend verkaufen.

Ivan Russi tritt 2023 aus dem Konsortium aus und verkauft seinen Anteil an Sepp Meier und Linda Peter. Die SVA Zürich erhält im Juni 2024 eine Steuermeldung des KSTA Zürich, wonach Ivan Russi seinen Gesellschaftsanteil als Geschäftsvermögen deklariert und aus dem Verkauf Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von CHF 1’000'000 versteuert habe. Sepp Meier hat zwar die Grundstückgewinne aus den einzelnen Verkäufen für die kantonalen Steuern, aber kein Einkommen für die direkte Bundessteuer deklariert (seine Veranlagung für die direkte Bundessteuer ist noch ausstehend). Weil Sepp Meier der Ansicht ist, dass es sich um private Vermögensverwaltung handle, hat er bislang keine Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet. Auch Ivan Russi hat noch keine Beiträge bezahlt. Die SVA Zürich überlegt sich nun, ob sie von den Beiden Sozialversicherungsbeiträge erheben kann.

Fragen

  • Ist die SVA Zürich an die Einschätzung des KSTA Zürich gebunden? Können sich Ivan Russi und Sepp Meier gegen diese Qualifikation wehren?
  • Falls Ivan Russi und/oder Sepp Meier den Rechtsweg beschreiten: Sind die Gerichte an die Steuermeldung gebunden?
  • Wäre die Steuermeldung für die Verabgabung von Ivan Russi auch dann verbindlich, wenn ihn das KSTA Zürich nach Ermessen veranlagt hat?
  • Die SUVA ist zum Schluss gekommen, dass Ivan Russi nicht selbständig, sondern in Wahrheit als Arbeitnehmer von Sepp Meier unselbständig erwerbstätig sei und Sepp Meier als Arbeitgeber Unfallversicherungsprämien nach Art. 91 Abs. 1 UVG zu leisten habe. Welche Bedeutung hat diese Einschätzung für die AHV?

4. Fortsetzung III

Das KSTA Zürich entdeckt im Rahmen eines Nachsteuerverfahrens zusätzliche Einkünfte aus dem Immobiliengeschäft, die Ivan Russi nicht deklariert hatte. Es macht dem SVA Zürich erst im März 2035 Meldung (gestützt auf die Nachsteuerveranlagung für die Steuerperiode 2023, die am 16.2.2035 in Rechtskraft erwachsen ist). Ivan Russi ist der Ansicht, dass die Verfügung vom 7.8.2024, mit der die SVA Zürich die Beiträge für die Jahre 2022 und 2023 festgesetzt hat, nach so langer Zeit nicht mehr abgeändert werden könne. Schliesslich sei die absolute Revisionsfrist von 10 Jahren gemäss Art. 67 Abs. 2 VwVG bereits abgelaufen.

Frage

  • Kann die SVA Zürich auf den zusätzlichen Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit noch Beiträge erheben?

5. Fortsetzung IV

Linda Peter (wohnhaft im Kanton St. Gallen) hat sich nicht direkt, sondern über ihre Gesellschaft Immo-Peter AG (mit Sitz in St. Gallen), bei der sie auch angestellt ist und von der sie einen festen Jahreslohn von CHF 70'000 bezieht, an der Partnerschaft mit Sepp Meier und Ivan Russi beteiligt. Dennoch hat sie auf Ratschlag von Ivan Russi die Gewinne aus den Immobiliengeschäften steuerlich jeweils als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit – und nicht als Ertrag der Immo-Peter AG – deklariert. Anders als Ivan Russi und Sepp Meier hat sie sich zudem bei der SVA Zürich als Selbständigerwerbende angemeldet und über die Veräusserungsgewinne jeweils abgerechnet. Für das Jahr 2022 hat die SVA Zürich die Beiträge mittels Verfügung vom 30. Juni 2023 festgesetzt. Für das Jahr 2023 hat Linda Peter vierteljährliche Akontobeiträge gemäss Art. 34 Abs. 1 lit. b AHVV bezahlt.

Das KSTA Zürich besteuert die Einkünfte von Linda Peter in den Jahren 2022 und 2023 mit Einschätzung vom 20. Juni 2024, weil Linda Peter –wie Ivan Russi und Sepp Meier – selbständig erwerbstätig sei und sich der Geschäftsort dieser Tätigkeit in Zürich befinde. Mit Veranlagung vom 5. Februar2025 erhebt auch das KSTA SG einen Steueranspruch auf diesen Einkünften: Zwar dürfe der Kanton Zürich als Lagekanton den Gewinnanteil der Immo-Peter AG besteuern. Soweit jedoch Linda Peter direkt Einkünfte aus den Liegenschaftsverkäufen bezogen habe, handle es sich entweder um Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit oder um eine geldwerte Leistung der Immo-PeterAG; auf jeden Fall habe Linda Peter dieses Einkommen im Wohnsitzkanton zu versteuern. Während sie mit der zeitgleich eröffneten Veranlagung der direkten Bundessteuer einverstanden ist, ficht Linda Peter die Veranlagung der Staats-und Gemeindesteuern an, um die Doppelbesteuerung durch die Kantone St. Gallen und Zürich zu beseitigen. Das Bundesgericht gibt schliesslich mit Urteil vom 4. April 2030 dem Kanton St. Gallen Recht und hebt die Einschätzung des Kantons Zürich auf.

Linda Peter verlangt daraufhin von der SVA Zürich die Rückerstattung der Beiträge für die Jahre 2022 und 2023, die sie als Selbständigerwerbende bezahlt hat. Mit Verfügung vom 3. Juni 2030 verweigert die SVA Zürich die Rückerstattung, weil die Rückerstattungsforderung «verjährt» sei.

Frage

  • Liegt die SVA Zürich richtig? Auf welche Steuerveranlagung ist abzustellen für den Beginn der Verwirkungsfrist?

Fall 4: In der eigenen Gesellschaft beschäftigte ArbeitnehmerInnen (sozialversicherungsrechtliche Aspekte, arbeitgeberähnliche Stellung)

1. Sachverhalt

Die LM Bau AG feiert ihr 40-jähriges Geschäftsjubiläum: Ronny Fuchs führt die LM Bau AG nun seit 10 Jahren. Nach familieninternen Streitigkeiten hat Ludwig Meier da von abgesehen, seine Kinder an der strategischen Führung der LM Bau AG zu beteiligen. Vielmehr hat Ronny Fuchs unterdessen 90% der Aktien gekauft (10% werden noch immer von Ludwig Meier gehalten, der noch Einsitz im Verwaltungsrat hat). Ronny Fuchsbesucht täglich verschiedene Baustellen, bespricht Bauprojekte mit Kunden und hat auch immer ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter. Just im Jubiläumsjahr sieht sich die LM Bau AG jedoch mit wirtschaftlich schwierigen Zeiten konfrontiert: Durch die hohen Marktpreise für Baustoffe und einer unglücklichen Verkettung von Missgeschicken, verliert sie wichtige Aufträge. Hinzu kommt sehr schlechtes Wetter, wodurch die Baustellen aus Sicherheitsgründen für einigeZeit stillgelegt werden müssen. Ronny Fuchs fürchtet, dass er die Mitarbeiter gar entlassen und die LM Bau AG schliessen muss, wenn sich die Lage nicht verbessert.

Fragen

  • Kann Ronny Fuchs auch für sich selber Schlechtwetterentschädigungen geltend machen?
  • Kann Ronny Fuchs im Falle der Schliessung der LM Bau AG für sich selber Arbeitslosenentschädigung beantragen?

2. Fortsetzung

Im Gegensatz zum Grundsachverhalt ist die LM Bau AG nach wie vor sehr erfolgreich unterwegs. Ronny Fuchs fällt bei der Besichtigung einer Baustelle jedoch von einem Baugerüst und verletzt sich schwer. Er liegt mit einer Rückenverletzung mehrere Monate im Spital. Ob er sein Arbeitspensum wieder im gleichen Umfang aufnehmen kann, ist ungewiss. Im letzten Monat vor seinem Unfall hatte Ronny Fuchs (wie in den 12 Monaten davor) einen Lohn von CHF 12'000 zuzüglich den anteiligen 13. Monatslohn bezogen. Anzufügen ist, dass Ronny Fuchs und die LM Bau AG gut ein Jahr vor dem Unfall schriftlich einen Lohn von CHF 100'000 vereinbart hatten.

Fragen

  • Erhält Ronny Fuchs von der Unfallversicherung infolge der Arbeitsunfähigkeit ein Taggeld und wie hoch ist dieses?
  • Falls Ronny Fuchs in Zukunft nicht mehr zu 100% arbeitsfähig ist, wird er von der Unfallversicherung eine Invalidenrente erhalten?
CHF
150.00

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