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Moritz Seiler

Olivier Margraf

Verfahrensrechtliche Fragestellungen bei Leistungen zwischen nahestehenden Personen

Workshop von Moritz Seiler und Olivier Margraf anlässlich des ISIS)-Seminars vom 28. März 2023 mit dem Titel «Geldwerte Leistungen im nationalen und internationalen Verhältnis»

03/2023
Das vollständige PDF des Seminarordners kann für CHF
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(Einführungspreis)
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Die Workshops sind auch einzeln in der Rubrik «Unterlagen» verfügbar.
Die Falllösungen und weitere Unterlagen können kostenlos im Shop bezogen werden.

Fall 1: «Zweidimensionaler» Sachverhalt

1. Sachverhalt

Hans Müller ist mit Claudia Schlau Müller verheiratet und wohnt zusammen mit ihr in Weinfelden/TG. Claudia Schlau Müller und ihre Cousine, Jolanda Bauer-Meier, halten jeweils 50 % der Aktien an der Schlau-Meier AG und an der Bauern-Schlau AG, die beide ihren Sitz in Frauenfeld/TG haben. Jolanda Bauer-Meier ist in zweiter Ehe mit Hugo Dreher verheiratet und wohnt mit ihm in Weinfelden. Hans Müller- Schlau und Hugo Dreher sind als Geschäftsführer und alleinige Verwaltungsratsmitglieder beider Gesellschaften tätig.

Die Bauern-Schlau AG befindet sich seit längerem in finanziellen Schwierigkeiten. Um die ärgste Not zu überbrücken, gewährt die Schlau-Meier AG der Bauern- Schlau AG zu Beginn des Jahres 2023 ein unbesichertes Darlehen in Höhe von CHF 5 Mio. Die Bauern-Schlau AG muss dennoch kurze Zeit später im Sommer 2023 Konkurs anmelden. Hans Müller-Schlau, der der Bauern-Schlau AG bereits vor langer Zeit ein Darlehen von CHF 20 Mio. gegeben hatte, erhält eine Konkursdividende von CHF 4 Mio., die Schlau-Meier AG eine von CHF 1 Mio. Das Ehepaar Dreher/Bauer-Meier ist nicht Gläubigerin der Bauern-Schlau AG und erhält demnach auch keine Konkursdividende.

Im Rahmen der Gewinnsteuerveranlagung der Schlau-Meier AG für das Jahr 2023 kommt Steuerkommissär jP Werner Beinhart von der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau (KSTV TG) Ende 2024 zum Schluss, dass die gesamte Darlehensgewährung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellte. Er rechnet deshalb bei der Schlau-Meier AG den Betrag von CHF 5 Mio. auf. Zudem erstattet die KSTV TG der ESTV eine entsprechende Meldung.

Anton Fuchs ist Steuerkommissär nP bei der KSTV TG und für die Veranlagung der beiden Ehepaare zuständig. Er fragt sich, wie er die beiden Ehepaare nun veranlagen soll.

Frage

  • Welche Bedeutung haben die Gewinnsteuerveranlagung der Schlau-Meier AG und die verrechnungssteuerliche Beurteilung der ESTV für die Veranlagung der Aktionäre?

Variante 1

Die Bauern-Schlau AG überlebt – auch dank dem Darlehen der Schlau-Meier AG – ihre finanziellen Schwierigkeiten. Noch vor Ende 2023 kann sie der Schlau-Meier AG das Darlehen zurückzahlen. Im Jahr 2024 entschliessen sich die Aktionärinnen aber dennoch, die Bauern-Schlau AG zu liquidieren. Im Zeitraum der Liquidation hält die Bauern-Schlau AG noch ein grosses landwirtschaftliches Grundstück (mit Güggeli-Mast-Infrastruktur) in der Nähe von Bregenz/Ö, das sie verpachtet hat. Aus dem Verkauf dieses Grundstücks erzielt die Bauern-Schlau AG einen Erlös von EUR 5 Mio. (= CHF 5 Mio.), der über dem Buchwert (CHF 4 Mio.), aber unter den Anschaffungskosten (= CHF 6 Mio.) liegt. In ihrer Liquidationsbilanz weist die Bauern-Schlau AG keinen Gewinn aus.

Der zuständige Steuerkommissär jP der KSTV TG, Werner Beinhart, hat sich nie besonders für das Grundstück in Österreich interessiert, weil die Erträge und Aufwendungen (inkl. Abschreibungen und Wertberichtigungen) im Zusammenhang mit diesem Grundstück stets nach Österreich ausgeschieden worden sind. Er veranlagt die Bauern-Schlau AG demnach auf der Basis der Liquidationsbilanz. Auch die ESTV hat an der Liquidationsbilanz nichts auszusetzen und bewilligt die Löschung der Bauern-Schlau AG aus dem Handelsregister.

Anton Fuchs ist der Auffassung, dass der Buchgewinn aus der Veräusserung des Grundstücks bei den Aktionärinnen als geldwerte Leistung besteuert werden müsste.

Frage

  • Kann Anton Fuchs in der Veranlagung der Aktionärinnen von der Beurteilung des Steuerkommissärs jP abweichen?

Variante 2

Die Schlau-Meier AG hat im Jahr 2023 einen ausserordentlichen Aufwand von CHF 67'000 verbucht. Steueramtliche Abklärungen bei der Gesellschaft haben ergeben, dass es sich dabei um einen Bargeldbezug handelt. Der abgehobene Betrag hätte von Claudia Schlau Müller und Jolanda Bauer-Meier einem vermeintlichen Kunden, der in Aussicht stellte, der Gesellschaft lukrative Geschäfte zu vermitteln, als Honorar übergeben werden sollen. Nach der Geldübergabe sei aber der vermeintliche Vermittler spurlos mit dem Bargeld verschwunden. Steuerkommissär Werner Beinhart lässt den ausserordentlichen Aufwand nicht zum Abzug zu, da die Darstellung der Gesellschaft durch keine aussagekräftigen Belege gestützt wird. Diese Veranlagung erwächst in Rechtskraft. Der Betrag wird als geldwerte Leistung an die beiden Aktionärinnen qualifiziert. Diese wehren sich gegen eine Aufrechnung mit der Begründung, es bestehe Beweislosigkeit in Bezug auf das Schicksal des streitigen Geldbetrags. Die Folgen der Beweislosigkeit seien von der Veranlagungsbehörde zu tragen.

Frage

  • Wie sieht die beweisrechtliche Situation in Bezug auf die Aktionärinnen aus?

Fall 2: AG mit Verlust - Verlustverrechnung

1. Sachverhalt

Die im Beratungsbereich tätige Butterfly Management AG weist gemäss Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2020 einen Verlust von CHF 55'000 aus. Steuerkommissär Werner Beinhart rechnet geldwerte Leistungen von CHF 15'000 an den Alleinaktionär Kevin Ekel auf. Diese setzen sich wie folgt zusammen:

  • Privat motivierte Reise- und Konsumationsspesen CHF 8'000
  • Nicht belegte Spesenaufwendungen CHF 7'000

Gegen die Veranlagung 2020 möchte die Butterfly Management AG Einsprache erheben. Die von ihr dazu beigezogene Steueranwältin weist sie aber darauf hin, dass aufgrund der trotz Aufrechnung resultierenden Nullerveranlagung keine Anfechtung möglich sei. Die geldwerten Leistungen könnten aber auf Ebene des Alleinaktionärs angefochten werden.

Fragen

  • Besteht tatsächlich keine Anfechtungsmöglichkeit für die Butterfly Management AG?
  • Kann Kevin Ekel die Aufrechnung im ihn betreffenden Veranlagungsverfahren anfechten?

Variante 1

Kevin Ekel ficht die Aufrechnung an. Er kann in Bezug auf die nicht belegtenSpesenaufwendungen von CHF 7'000 Belege beibringen, die aufzeigen, dass imUmfang von CHF 6'000 geschäftsmässig begründete Spesenaufwendungen vorliegen.

Frage

  • Ist die Aufrechnung bei Kevin Ekel zu reduzieren?

Variante 2

Die Butterfly Management AG kehrt in 2021 wieder in die Gewinnzone zurück und weist einen Reingewinn von CHF 80'000 aus. In der Verlustverrechnung macht sie nun einen Verlust CHF 46'000 (CHF 55'0000-CHF 9'000) geltend.

Fragen

  • Wie ist die Verlustverrechnung vorzunehmen, wenn die AG einzig auf die einkommenssteuerliche Behandlung 2020 bei Kevin Ekel verweist? Wie, wenn sie die entsprechenden Belege von 2020 im Veranlagungsverfahren 2021 beibringt?
  • Wie wäre zu entscheiden, wenn Kevin Ekel die Aufrechnung in 2020 hingenommen hätte?

Fall 3: Interkantonales Verhältnis

1. Sachverhalt

Eleonora Biber wohnt in der Stadt Luzern. Im Jahr 2011 gründete sie die Hochglanz AG mit Sitz in Zug. 2013 übertrug sie alle Aktien an der Hochglanz AG an ihren ebenfalls in Luzern wohnhaften Bruder, Fritz Drucker, der zu diesem Zeitpunkt auch alleiniges Verwaltungsratsmitglied der Drucker AG wurde. Eleonora Biber blieb derweil bei der Hochglanz AG als Arbeitnehmerin (mit Einzelunterschrift) beschäftigt und fällte weiterhin alle wichtigen Geschäftsentscheide in Eigenregie; Fritz Drucker, der durch seinen Job und seine Familie stark absorbiert war, zeichnete diese jeweils ab, ohne Eleonoras Instruktionen zu hinterfragen.

Im Jahr 2023 lässt sich Eleonora Biber von der Hochglanz AG diverse «Spesen» bezahlen, namentlich die Leasingraten für ihren Mercedes (CHF 15'000), eine Reise mit ihrem Partner nach Neuseeland mit First Class-Flug (CHF 50'000), eine neue Home Cinema-Anlage (CHF 10'000) und ein Wochenende mit ihrem Partner im Dorchester Hotel in London (CHF 2'000).

Die Steuerverwaltung des Kantons Zug (KSTV ZG) kommt in der Veranlagung der Hochglanz AG zum Schluss, dass die Leasingraten für den Mercedes tatsächlich geschäftsmässig begründet gewesen seien. Die übrigen «Spesen» (CHF 62'000) betrachtet die KSTV ZG dagegen als geldwerte Leistungen der Hochglanz AG und rechnet sie auf. Diese geldwerte Leistung meldet die KSTV ZG der ESTV. Die ESTV hält auch die Leasingraten für nicht geschäftsmässig begründet und erhebt demgemäss auf dem gesamten Betrag von CHF 77'000 die Verrechnungssteuer.

Kurt Vögeli ist Steuerkommissär nP bei der Dienststelle Steuern des Kantons Luzern (DSt LU). Er fragt sich, ob die «Spesen» nicht eher direkt bei Eleonora Biber als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuert werden müssten.

Frage

  • Welche Bedeutung haben die Beurteilungen der KSTV ZG und der ESTV betreffend die Hochglanz AG für die Veranlagung von Eleonora Biber? Spielt es eine Rolle, dass unterschiedliche Kantone für die Gesellschaft und die Empfängerin der geldwerten Leistung zuständig sind?

Variante 1

Die Hochglanz AG hat ihren Sitz nicht in Zug, sondern in Stuttgart/D. Das zuständige deutsche Finanzamt rechnet in seinem Steuerbescheid bei der Hochglanz AG einen Betrag von EUR 70'000 auf.

Fragen

  • Welche Bedeutung hat der Steuerbescheid des Finanzamts für die Veranlagung von Eleonora Biber?

Variante 2

Die Hochglanz AG (mit Sitz in Zug) betreibt in Sarnen/OW eine Papierfabrik. Im Juli 2023 verkauft die Hochglanz AG diese Papierfabrik zum Preis von CHF 2 Mio. (= Anschaffungskosten und Buchwert) an Fritz Drucker, der die Fabrik nunmehr als Einzelunternehmer betreibt. Fritz Drucker aktiviert die Papierfabrik in seiner Buchhaltung zu Anschaffungskosten, also zu CHF 2 Mio.

Die KSTV ZG ist der Auffassung, dass CHF 2 Mio. ein angemessener Preis sei. Sie nimmt folglich keine Aufrechnung vor, als sie die Hochglanz AG am 15. Februar 2025 für das Jahr 2023 veranlagt. Die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden (KSTV OW) ist der Ansicht, dass der Verkehrswert der Papierfabrik mindestens CHF 3 Mio. betrage. Sie weicht in ihrer eigenen Veranlagung vom 30. April 2025 für das Jahr 2023 von jener des Sitzkantons ab, rechnet eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von CHF 1 Mio. auf und erstattet der ESTV eine entsprechende Meldung.

Fragen

  • Darf die KSTV OW von der Beurteilung des KSTV ZG abweichen?
  • Welche Bedeutung hat die Meldung der KSTV OW an die ESTV?
  • Aufgrund der Veranlagung der KSTV OW ist die KSTV ZG nun ebenfalls der Ansicht, dass der Preis von CHF 2 Mio. zu tief gewesen sei. Kann die KSTV ZG auf ihre eigene Beurteilung zurückkommen und ihre Veranlagungen (direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern) anpassen?
  • Muss/darf die DSt LU bei Fritz Drucker eine geldwerte Leistung aufrechnen (und dafür eine versteuerte stille Reserve anerkennen)? Darf sie eine solche Aufrechnung alleine gestützt auf die Veranlagung der KSTV OW vornehmen?

Variante 3

Die Hochglanz AG hat zwei Tochtergesellschaften, die Esperanza SA mit Sitz in Bellinzona/TI und die Tiefschwarz GmbH mit Sitz in Chur/GR. Die Tiefschwarz GmbH verkauft der Hochglanz AG im Juni 2023 ein Patent zum Preis von CHF 2 Mio. Die Bündner Steuerverwaltung (KSTV GR) hinterfragt diesen Preis nicht und veranlagt die Tiefschwarz GmbH am 3. Juli 2024 gemäss Selbstdeklaration. Diese Veranlagung erwächst in Rechtskraft.

Die Tessiner Steuerverwaltung (KSTV TI) ist demgegenüber der Ansicht, dass die Esperanza SA einen zu hohen Preis bezahlt habe. Marktkonform wären lediglich CHF 1.5 Mio. gewesen. Sie rechnet in ihrer Veranlagung vom 16. August 2024 eine verdeckte Gewinnausschüttung von CHF 0.5 Mio. auf.

Fragen

  • Die Hochglanz AG ist der Meinung, dass ihr Konzern nun auf CHF 0.5 Mio. doppelt besteuert werde. Kann sie sich gegen diese Doppelbesteuerung wehren?
  • Die Hochglanz AG bemerkt die Doppelbesteuerung erst im Januar 2025. Kann sie zu diesem Zeitpunkt noch etwas gegen die Doppelbesteuerung unternehmen?

Fall 4: Nachsteuerverfahren

1. Sachverhalt

Lorenz Macher ist Alleinaktionär der Thurgovian Services AG. Betreffend Steuerperiode 2021 wird Lorenz Macher in 2022 gemäss Selbstdeklaration veranlagt. Diese Veranlagung erwächst unangefochten in Rechtskraft.

Im Veranlagungsverfahren der Thurgovian Services AG betreffend Steuerperiode 2021 werden erhebliche verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt, die in entsprechende steuerliche Korrekturen münden. Die Veranlagung betreffend die AG wurde erst anfangs 2023 vorgenommen.

Aufgrund der steueramtlichen Meldung wird bei Lorenz Macher ein Nachsteuerverfahren durchgeführt, da die verdeckten Gewinnausschüttungen von ihm nicht in seiner Steuererklärung 2021 deklariert worden sind. Dieser setzt sich dagegen mit dem Argument zur Wehr, es liege keine neue Tatsache vor, da mit dem Vorziehen der Aktionärsveranlagung ein späteres Nachsteuerverfahren ausgeschlossen sei.

Frage

  • Kann trotz Vorziehen der Veranlagung von Lorenz Macher ein Nachsteuerverfahren bei ihm durchgeführt werden?

Variante 1

Die Veranlagung 2021 betreffend die Thurgovian Services AG wird im November 2022 mit der Aufrechnung von erheblichen verdeckten Gewinnausschüttungen an Lorenz Macher vorgenommen. Die entsprechende steueramtliche Meldung an das Dossier des Aktionärs wird infolge eines mangelhaften elektronischen Übermittlungsprozesses nicht ordnungsgemäss abgesetzt, weshalb sich diese im Zeitpunkt der Vornahme der Aktionärsveranlagung (noch) nicht in den Steuerakten befindet. Die Veranlagung ohne Aufrechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen erwächst in Rechtskraft. Erst danach erfolgt die steueramtliche Meldung. Steuerkommissär Werner Beinhart fragt sich, ob er ein Nachsteuerverfahren durchführen kann.

Fragen

  • Kann ein Nachsteuerverfahren durchgeführt werden?
  • Wie wäre zu entscheiden, wenn der elektronische Übermittlungsprozess tadellos funktioniert hätte?

Variante 2

Steuerkommissär Werner Beinhart kündigt eine Domizilrevision bei der Thurgovian Services AG für die Steuerperiode 2021 an. Lorenz Macher, der sich bewusst ist, dass ihm seine AG geldwerte Leistungen ausgerichtet hat, legt diese unmittelbar vor der Domizilrevision als Selbstanzeige offen.

Fragen

  • Liegt eine Selbstanzeige vor?
  • Ist die Sachlage anders zu beurteilen, wenn es sich bei den geldwerten Leistungen um nicht verbuchte und privat vereinnahmte Umsätze handelt, von denen Werner Beinhart keine Kenntnis hat?

Variante 3

Lorenz Macher vereinnahmt gewisse, von der Thurgovian Services AG in Rechnung gestellte Dienstleistungen privat. Dieses Konto wird in seiner persönlichen Steuererklärung nicht aufgeführt. Der langjährige Buchhalter der Thurgovian Services AG, Hermann Nötzli, ist in diese Machenschaften eingeweiht. Beim Personalgespräch 2022 verlangt Nötzli eine saftige Lohnerhöhung, die Lorenz Macher verweigert. Da ihm Nötzli zusehend zur Last fällt, kündigt Macher das Arbeitsverhältnis auf. Da er Nötzli eine Rache-Denunziation zutraut, will er ihm zuvorkommen und legt die entsprechende Steuerhinterziehung betreffend die Thurgovian Services AG und für ihn bei der kantonalen Steuerbehörde offen. Negativ überrascht muss Macher aber zur Kenntnis nehmen, dass Nötzli ihm eine Nasenlänge voraus war und eine Denunziation mit Dokumentation von Einzelbelegen und Kontoauszügen vorgenommen hat.

Frage

  • Ist eine Selbstanzeige in dieser Konstellation noch möglich?

Variante 4

Die Thurgovian Services AG veräussert ihr am Bodensee gelegenes Grundstück, das einen Buchwert von CHF 2 Mio. und einen Verkehrswert von CHF 4.5 Mio. aufweist, in 2019 für CHF 2.5 Mio. an die Lebenspartnerin von Lorenz Macher, Maria Bologna. Der zuständige Steuerkommissär Beni Blümchen erkennt das Nahestehendenverhältnis nicht. Das von der Gesellschaft eingereichte Verkehrswertgutachten betreffend die veräusserte Liegenschaft erachtet er ebenfalls als plausibel. Die Steuerveranlagung 2019 erwächst ohne steuerliche Korrektur in Rechtskraft. Ebenso die Steuerveranlagungen 2019 von Macher und Bologna (beide im Kanton Thurgau unbeschränkt steuerpflichtig). In 2023 veräussert Maria Bologna die Liegenschaft für CHF 4.6 Mio. Steuerkommissär Werner Beinhart überprüft die in 2019 erfolgte Übertragung und kommt zum Schluss, dass dannzumal eine unterpreisliche Übertragung bzw. eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgelegen hat. Er leitet ein Nachsteuerverfahren ein.

Fragen

  • Kann ein Nachsteuerverfahren durchgeführt werden?
  • Wie ist die Situation unter dem Aspekt der Schenkungssteuer zu beurteilen?
  • Könnte bei Macher und Bologna eine steuerliche Aufrechnung vorgenommen werden, wenn im Zeitpunkt der Feststellung der unterpreislichen Übertragung deren Veranlagungen 2019 noch pendent wären?

Fall 5: Verrechnungssteuerrückerstattung

1. Sachverhalt

Sebastian Braun wohnt in Zürich und hält 50 % der Aktien an der Casa Altura SA mit Sitz in Lugano. Zudem ist er alleiniger Gesellschafter und Gesch.ftsführer der Braun Invest GmbH mit Sitz in Berlin. Die Casa Altura AG verkauft der Braun Invest GmbH im Juni 2023 eine Beteiligung von 20 % an der Teutonia SA mit Sitz in Lugano zum Preis von CHF 2 Mio.

Im März 2027 nimmt die ESTV bei der Casa Altura AG eine Kontrolle vor. Sie kommt zum Schluss, dass die Beteiligung an der Teutonia SA im Zeitpunkt des Verkaufs an die Braun Invest GmbH mindestens CHF 3 Mio. wert war. Sie erhebt die Verrechnungssteuer von der Casa Altura SA. Um die Hochrechnung ins Hundert zu vermeiden und weil ihm die Casa Altura SA versichert, dass er die Verrechnungssteuer zurückerstattet erhalte, erlaubt Sebastian Braun der Casa Altura SA, den Betrag seinem Aktionärskontokorrent zu belasten.

Frage

  • Wie muss Sebastian Braun vorgehen, um die Rückerstattung zu beantragen (Annahme: Er ist materiell-rechtlich zur Rückerstattung berechtigt)? Was ist in zeitlicher Hinsicht zu beachten?

Variante 1

Sebastian Braun wohnt nicht in Zürich, sondern in Berlin.

Fragen

  • Was ändert sich am Rückerstattungsverfahren?
  • Ändert sich in zeitlicher Hinsicht etwas, wenn Sebastian Braun in Paris statt in Berlin wohnen würde?

Variante 2

Sebastian Braun stellt im April 2027 einen Rückerstattungsantrag. Die ESTV verweigert die Rückerstattung mit Verfügung vom 15. September 2027. Sie ist der Ansicht, dass nach der Direktbegünstigungstheorie nicht Sebastian Braun, sondern höchstens die Braun Invest GmbH zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer berechtigt sei. Sebastian Braun ist damit nicht einverstanden, weil er der Ansicht ist, dass auch für die Verrechnungssteuer die Dreieckstheorie gelten müsste. Er ficht daher die Verfügung der ESTV beim Bundesverwaltungsgericht an.

Frage

  • Hat die Braun Invest GmbH noch Aussichten auf eine (teilweise) Rückerstattung der Verrechnungssteuer, falls Sebastian Braun auf dem Rechtsweg scheitert?

Fall 6: Korrekturen im internationalen Verhältnis

1. Sachverhalt

Die Excellence Suisse AG hat ihren Sitz im Kanton Thurgau und produziert Photovoltaikanlagen und Windräder. Sie ist zu 100% eine Tochtergesellschaft der Excellence Holding AG in Lausanne. In 2018 hat die Holding sämtliche Beteiligungsrechte der Excellence Allemagne AG mit Sitz in Deutschland erworben.

Die Excellence Suisse AG ist Inhaberin der Marke «Excellence Suisse», die auch in verschiedenen Markenregistern hinterlegt ist. Die Excellence Allemagne AG zahlt seit ihrer Zugehörigkeit zum Excellence-Konzern Lizenzaufwendungen an die Excellence Suisse AG für entsprechende Nutzungsrechte. Bei einer Betriebsprüfung der Excellence Allemagne AG beanstandet der deutsche Fiskus Bestand und Umfang der Lizenzzahlungen und verweigert deren steuerliche Absetzbarkeit. Die deutschen Steuerbescheide sind noch nicht rechtskräftig.

Die Steuerveranlagungen 2018 bis 2020 der Excellence Suisse AG sind rechtskräftig veranlagt. Der Konzernsteuerverantwortliche erwägt die Einleitung eines Verständigungsverfahrens.

Fragen

  • Bei welcher Behörde ist das Verständigungsverfahren einzureichen?
  • Wie sind die Frist- und Formvorschriften ausgestaltet?
  • Treffen die steuerpflichtige bzw. gesuchstellende Person in einem Verständigungsverfahren Mitwirkungspflichten?
  • Angenommen, eine Verständigungsvereinbarung zwischen den beiden Staaten kommt zu Stande: wie sieht die Umsetzung in der Schweiz aus?

Variante 1

Die Marke wird kaum mehr bewirtschaftet und ist kaum marktdurchsetzungsfähig. Die Lizenzzahlungen der Excellence Allemagne AG dürften auch aus Schweizerischer Optik relativ grosszügig bemessen sein.

Frage

  • Wie stellt sich die Situation vor diesem Hintergrund dar?

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